Umschauen und Staunen
Neun Tage bin ich von zu Hause nun weg und es ist sehr viel passiert! Ein kleiner Einblick in das Leben in der Fundacion de la Santa Cruz und in meine momentane Gefuehlswelt
Etwas laenger als eine Woche bin ich jetzt in Kolumbien und mein Kopf ist immer noch ganz schwer von den vielen Impressionen und so vielen neuen Dingen, Informationsbrocken und Gespraechen. Vieles ist hier anders als ich es bislang kannte, und vieles ist auch anders als ich es erwartet habe, aber nichtsdestotrotz gefaellt es mir in San Francisco, Cundinamarca immer besser, je vertrauter ich mit den Leuten und auch mit den Gebraeuchen werde. Die Bettdecken, die aus mehreren Lagen duenner Zudecken bestehen, das Klopapier, das man nach Benutzung in einem Eimer sammelt oder die grandiose Vielfalt an Fruechten, von denen ich teilweise vorher noch nie gehoert habe, sind nur einige Eindruecke. Unter der Woche und manchmal auch an den Wochenenden beherbergt die Fundacion mit ihren zwei Wohnhaeusern der Kinder, dem Freiwilligenhaus, der Kueche, dem Waschmaschinenhaus, der ueberdachten Kapelle sowie dem Gebaeudekomplex, der Buero, Computerraum, Buecherei und Raeume zum Lernen enthaelt, circa 25 Kinder und ungefaehr 10 Tias. Diese werden zwar "Tanten" genannt, dabei sind sie gar keine Verwandten der Kinder, sondern eine Mischung aus Lehrerin, Erzieherin und erwachsener Bezugsperson, die sich um die Waesche oder das Essen kuemmert. Bei den Kindern handelt es sich nicht explizit um Waisenkinder, sondern groesstenteils um Maedchen, die aus verschiedenen Gruenden in der Fundacion leben.
Jeder Tag in der Fundacion de la Santa Cruz ist ein wenig anders und ich denke, es wird noch etwas dauern, bis sich fuer mich ein alltaeglicher Rhytmus ausgepraegt hat. Doch auch wenn sich noch keine festen Taetigkeiten fuer uns Freiwillige gezeigt haben, gibt es Regelmaessigkeiten. Da waere beispielsweise der Tagesbeginn, denn ab 4:30 Uhr hoert die ganze Fundacion beim allmorgendlichen Saubermachen Aufzeichnungen von katholischen Gottesdiensten ueber Lautsprecher und es ist quasi unmoeglich sich dem zu entziehen. Andererseits ist das fruehe Aufstehen kein Problem, da es schon um 18 Uhr dunkel wird und spaetstens um 19:30 Uhr in den Casas Ruhe einkehrt. Nach dem Fruehstueck bei Sonnenaufgang um 6 Uhr bringen wir die Kinder manchmal zur Dorfschule, die sich etwas weiter den Berg hinauf befindet. Vormittags haben wir dann etwas Freizeit um ins Dorf zu gehen, das ungefaehr 15 Minuten zu Fuss bergab von der Fundacion liegt. Dort gibt es alles, was man als Freiwilliger so braucht: Handykarten, um nach Hause zu telefonieren, Trinkwasser in 5 Liter Tueten, weil das Leitungswasser ziemlich chlorhaltig ist und die Bushaltestelle, von wo aus Busse nach Bogotà und in die Umgebung fahren. Nachmittags beschaeftigen Lou und ich uns meistens mit den Kindern. Wir machen gemeinsam Hausaufgaben oder lernen Englisch, spielen aber auch schonmal zusammen Basketball oder Verstecken. Abends wird dann vor und nach dem Abendessen geputzt und Ordnung gemacht.
Ueberrascht hat mich hier bislang das Essen, wegen den leckeren Zutaten wie gebratenen Scheiben Yuca oder Kochbananen, die Fruchtsaefte aus Guanabana, Anon oder Mango, aber auch die Haeufigkeit, in der man hier etwas zu sich nimmt, naemlich fuenf Mal am Tag!
Meine Sternmomente sind, dass sich mir die Namen der Kinder langsam einpraegen und ich sie nicht mehr ganz so durcheinander bringe, als ich gestern mit Alejandra, einem der aelteren Maedchen und Tia Carmen im Gemuesegarten gearbeitet habe (Erde hertragen und anmischen, Zwiebeln saeen und die schreiende Sonne aushalten) und das Fussballspiel gestern Abend in Kombination mit Zahlen lernen auf Englisch mit einer kleinen Gruppe.
Mich beschaeftigt die Frage, wie ich ein gutes Verhaeltnis zu den Kindern aufbauen und dieses auch akzeptieren kann, ohne mich im Vergleich mit anderen zu sehen. Wie ich Kindern, die fast noch zu jung sind um in ihrer Muttersprache zu schreiben, eine neue Sprache beibringen soll und wo ich Briefmarken im Dorf finde, damit ich endlich meinen Hunger auf`s Postkartenschreiben stillen kann. So langsam knabbert auch das Heimweh an mir, trotzdem bin ich zuversichtlich mich bei so gastfreundlichen und herzlichen Menschen wie hier schnell einzugewoehnen.
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