fünfzig-fünfzig
Die Hälfte meines EVS ist rum. Das ist bis jetzt so passiert:
Fünf Monate ist es jetzt schon her, dass ich hier angekommen bin und ich kann glücklicherweise sagen, dass ich ziemlich zufrieden bin, so wie es grade läuft. Klar war nicht immer alles so easy-peasy wie man das gerne hätte, aber es passt schon.
Hier in Vilnius habe ich mich schon ziemlich eingelebt. Ich kenne mich immer mehr aus, war schon beim Frisör und kann mittlerweile mehr oder weniger aus Litauisch kommunizieren, auch wenn es sich auf die einfachsten Sachen beschränkt ("hallo", "wie geht's?", "Entschuldigung, ich verstehe sie nicht Sprechen sie Englisch?" und so was). Aber ich bin optimistisch, dass das alles noch einfacher wird.
Ich war auch ein paar mal krank, was echt nicht so cool ist, wenn man mehr oder weniger alleine wohnt. Aber ich hab alles unbeschadet überstanden ;)
Meinen Geburtstag habe ich mit einem Frewilligen aus Katalonien zusammen gefeiert, da wir am gleichen Tag Geburtstag hatten. Wir waren ca. 40 Menschen, alle in eine Wohnung gequetscht. Es war voll und eng, aber ziemlich witzig, auch wenn, oder gerade weil, ich den Großteil der Gäste erst auf besagter Party kennengelernt habe (und vielleicht auch, weil ich am nächsten Tag nicht beim Aufäumen helfen musste...)
In der Arbeit läuft es ziemlich gut. Ich habe mittlerweile ne ganz gute Routine entwickelt und auch das Gefühl, dass ich mit den Kindern immer besser klarkomme. Vor Allem die Arbeit in der Grundschule macht mir total Spaß und irgendwie macht es da viel weniger aus, wenn man verschiedene Sprachen spricht, es klappt meistens ziemlich gut mit der Kommunikation. Nur wenn man irgendetwas erklären will oder ein Kind trösten möchte ist es manchmal schwierig, weil einem schlichtweg die Worte fehlen.
Ich bin außerdem ein bisschen durch die Gegend gereist und habe neue Länder und städte gesehen. Im Herbst war ich mit einer österreichischen Freiwilligen in Estland und Lettland. Es war ein ziemlich kurzer Ausflug und vor Allem in Tallinn (Hauptstadt von Estland) war zwar saukalt, aber auch total schön (Liebe an Lena an dieser Stelle <3).
Im Januar und Februar war ich mit einer größeren Gruppe in der Ukraine und sogar in Israel. Ich habe zwei Fahrten im ukrainischen Nachtzug, etliche Reisebusfahrten, gute und weniger gute Stadtführungen und diverse Orientierungsverluste in fremden Städten erlebt. Wir haben einige ziemlich beeindruckende Orte gesehen und vor allem Jerusalem hat micht sehr beeindruckt. Es war oft ziemlich kalt oder viel zu warm (oberes Stockbett im Nachtzug), aber was kann ich sagen... Es hat sich gelohnt! Es war total schön andere Länder kennenzulernen und seinen Horizont ein bisschen zu erweitern. Selbst komplett übermüdet oder mit plattgelaufenen Füßen war ich doch immer wieder geplättet wie viel man in so kurzer Zeit von einem fremden Land sehen kann. Auch wenn ich oft sehr gerne etwas länger an einem Ort geblieben wäre.
Dabei war ich immer mit ziemlich tollen Menschen unterwegs (ganz viel Liebe an Martha und natürlich an den Rest auch wenn die das hier eh nicht verstehen...). Wir wurden immer ziemlich schräg angeguckt wenn auf die Frage woher wir kommen etwas wie "ääääh naja... also Litauen.... aber eigentlich aus Spanien, Österreich, Frankreich und Deutschland... aber momentan wohnen wir alle in Vilnius" als Antwort kam. Besonders die israelische Grenzkontrolle am Flughafen war erst ziemlich misstrauisch und hat uns sofort mal mit ein paar sehr schrägen Fragen durchlöchert. Es war nicht immer einfach mit so vielen unterschiedlichen Menschen zu reisen, die sich schon bei den einfachsten Fragen, z.B.wann man am besten zu Abend essen sollte nicht wirklich einig wurden. Aber wir haben das Ganze ganz gut hinbekommen und hatten trotz allen Unterschiedlichkeiten ziemlich schöne Tage.
Außerdem bin ich an Weihnachten nach Hause geflogen, nachdem ich wegen 'ner dicken Grippe die komplette letzte Schulwoche verpasst habe. Es war total schräg wieder Zuhause zu sein. Irgendwie hatte ich mich darauf eingestellt alle leute erst irgendwann im Sommer wiederzusehen und dann sieht man sie doch schon viel früher als erwartet wieder. Es war schön, keine Frage! Aber eben auch etwas schräg. Schön war aber, dass sich irgendwie nicht wirklich viel verändert hatte, seit ich weg war. Gut zu wissen, dass es wenigstens ein paar Sachen in meinem Leben gubt die nicht gefühlt jeden zweiten Tag auf den kopf gestellt werden.
In der Zeit Zuhause hat mich auch Misha aus der Ukraine besucht. Misha macht auch einen Frewilligendienst in Vilnius und wollte gerne mal nach Deutschland. Wir haben zusammen Silvester gefeiert und uns Wuppertal angeguckt und bevor ich richtig gucken konnte, waren die 2 Wochen auch wieder vorbei und ich bin wieder nach Vilnius
Das fiese daran zwischendrin wieder nach Hause zu kommen ist ja, dass der ganze Heimwehkram wieder von Vorne anfing als ich wieder in Litauen war. Und jetzt sehe ich die meisten wohl echt erst im Juli wieder, was das Ganze nicht wirklich einfacher macht.
Was im Januar also folgte, war etwas, das viele Leute vorausgesagt haben als ich diesen Freiwilligendienst begonnen habe. Es war das Tief! (Hier bitte dramatische Hintergrundmusik vorstellen)
Im Prinzip ist es ziemlich logisch, dass so etwas irgendwann mal passiert. Ich hatte die anfängliche euphorische Phase überwunden, viele neue Sachen erfahren und so langsam verschwand die rosarote Brille die ich eben bis dahin auf hatte. Irgendwie habe ich schon ein paar Sachen gefunden, die mich angefangen haben zu nervenund auch wenn es nur so Kleinigkeiten sind. Aber auch das gehört, finde ich, dazu. Das einem nicht immer alles gefällt ist ja normal, aber damit muss man eben auch erstmal klarkommen.
Im Januar und Februar wurde es dann nochmal so richtig arschkalt. Es hat ziemlich viel geschneit und irgendwann hatten wir sogar -22 Grad und der Fluss in Vilnius ist komplett zugefroren. Ich war dann zwischendurch doch ganz froh, die Skiunterwäsche und ein Paar Thermostrumpfhosen dabei zu haben, sonst wäre ich irgendwann zu einem Eiszapfen geworden.
Übrigens ist Litauen jetzt 100 Jahre alt und das wurde am 16 Februar ziemlich groß gefeiert. die Leute hier sind ziemlich stolz drauf, litauisch zu sein und es wird wohl noch das ganze jahr über Aktionen geben, um die 100 Jahre zu feiern. Und als wäre das nicht genug, wird im März auch noch die Unabhängigkeit von der Sowjetunion gefeiert.
Wir haben also noch einiges zu zelebrieren in den nächsten Monaten.
Ich bin unglaublich gespannt, was die nächsten Monate noch bringen und freue mich, wenn es hier endlich ein bisschen wärmer wird und wir mit der Schule mehr nach draußen gehen können, ohne zu erfrieren.
Bis demnächst,
Luise
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