Europäische Weihnachten
Gestern habe ich meinen ersten heiligen Abend ohne meine Familie verbracht. Weit weg von daheim, ohne Weihnachtsbaum, Gottesdienst und Krippe aber dafür international und bunt.
Für mich ist Weihnachten dieses Jahr definitiv eine neue Erfahrung nach der anderen. Schon am Donnerstag hatten wir bei mir in der WG eine kleine Wigilia- Feier, haben also zusammen quasi Weihnachten vorgefeiert, weil fast alle meine Mitbewohner über die Feiertage heim zu ihren Familien gefahren sind. Das war für mich schön, weil ich so ein paar traditionelle polnische Weihnachtsgerichte kennen gelernt habe. Am heiligen Abend kommt nämlich in Polen bei fast allen Familien das gleiche auf den Tisch. Natürlich hat jede Familie ihre eigene Variante des Wigiliaessens, aber immer müssen es zwölf verschiedene Gerichte sein. Man muss also mit den Mengen, die man von jedem Gericht isst, gut haushalten, weil man alles einmal probieren soll. Dabei gibt es fast immer Barszcz (Rote-Beete-Suppe), noch ein oder zwei andere Suppen, verschiedene Sorten Pierogi (Nudelteigtaschen gefüllt mit Fleisch, Kartoffeln und Zwiebeln, Kraut und Pilzen,...), viele Fischgerichte (meistens verschieden zubereiteten Hering, Karpfen oder Lachs), Eintöpfe mit Sauerkraut und z.B. Bohnen oder Pilzen und schließlich Mohnkuchen, Käsekuchen und Plätzchen. Was mich besonders amüsiert hat, was dass "Makówki", der traditionelle schlesische Weihnachtskuchen, der aus einer süßen Mohnfüllung und eingeweichtem Vortagsbrot besteht, bei uns zu Hause seit Jahren zu keinem Weihnachten gefehlt hat und auch der "Sernik" (Käsekuchen) eigentlich immer auf dem Tisch stand. So machen sich dann im nachhinein meine polnischen Wurzeln bemerkbar.
Gestern Abend haben mein Freund Thombass und ich dann Heiligabend zusammen mit den anderen in Krakow gebliebenen Freiwilligen und ihren Freunden in einer Freiwilligen-WG verbracht. Es war zwar nicht Weihnachten wie daheim, aber nichtsdestotrotz festlich und sehr schön. Dank original italienischen, handgemachten Gnocchi mit Tomatensugo, Polenta, selbstgebackenen Plätzchen, spanischem Eintopf, Tortilla de Patatas, gefüllten Eiern, türkischen Köfte, Salat, Kartoffelsalat, spanischen Käse-Pilz-Taschen, Milchreis, Obstsalat, Kuchen und guter Stimmung war mein internationales Weihnachten kulinarisch und gesellschaftlich durchaus eine bereichernde und sehr angenehme Erfahrung. Wir haben auch wieder Opłatki (Hostien) geteilt und uns gegenseitig Wünsche ausgesprochen und ein paar verwegene Italiener sind sogar um Mitternacht noch in die Kirche gegangen. Das habe ich dann zwar nicht mehr gepackt, aber vielleicht schaffen wir das ja heute oder morgen noch. Wie immer an kirchlichen Feiertagen hat hier nämlich ansonsten alles für zwei Tage vollkommen dicht gemacht.
Fröhliche Weihnachten und schöne Feiertage,
Kora