EFD – Eine Kombination aus vielfältigen Erfahrungen und Überraschungen
Ein Ende und ein Neuanfang
Etwas Neues wagen: Passt das zu mir? Traue ich mir das zu? Was ist denn mit mir los?
Voilà, es ist so weit. Die Türen des Zuges fallen zu. Das ängstliche Gesicht von meinem Vater, der von meiner Schwester zärtlich getröstet wird, verschwindet langsam in der Ferne. Ich breche in Tränen aus. Warum muss ich mir das selbst auferlegen und meine Angehörigen leiden lassen? Niemand versteht wirklich, was ich dort machen werde. Ich wundere mich ja selbst!
Ein ganze Reihe von unterschiedlichen Gefühlen und Gedanken gehen mir durch den Kopf. Die anderen Leute im Zug beobachten mich. Ich reise ab, einfach so, in der Hoffnung auf eine vielversprechende Zukunft. Bin ich feige, weil ich einfach die Flucht ergreife oder rechtfertigt mein Wunsch nach Neuem meine Entscheidung?
Die Leute wollen mit mir reden. Innerlich schreie ich: Aufhören! Ich brauche Ruhe, um mich wiederzufassen. Aber wer bin ich schon?
Ich spüre die Angst, die alles in Frage stellt, aber auch die Aufregung, die mich dazu bringt weiterzufahren.
Die Grenze zu überqueren, bedeutet nicht nur sich der Sprachbarriere zustellen. Alles ist noch ein völliges Gewirr aus Unverstandenem. Die Leute beeilen sich auszusteigen. Warum verlassen sie mich einfach so?
Nächste Haltestelle: Magdeburg.
Ich warte auf dem Bahnsteig, es ist schon spät. Das Wetter ist grau, alles wirkt kalt und fremd. Warum bin ich hier? Ich habe nun keine Wahl mehr. Ich muss mich zwingen, ich muss mich zwingen zu vertrauen. Ich bin erschöpft, aber erleichtert. Meine Tutorin empfängt mich herzlich und zeigt mir die Gegend, in der ich die nächste zehn Monate verbringen werde.
Let the adventure begin!
Die ersten Wochen gestalten sich schwieriger als ich gedacht hätte. Die anfängliche Einsamkeit macht mir zu schaffen. Ich fühle mich total unwohl. Ich schlafe nicht mehr und fühle mich in dieser Umgebung verloren, die mir auch völlig unbekannt ist.
Wie lange würde ich wohl brauchen, um mich zu Hause zu fühlen?
Warum beklage ich mich eigentlich so?
Und dann kommt eines Tages die Zeit des Zurechtfindens und des Lernens.
Durch mein Projekt erhalte ich die Gelegenheit, mich mit geflüchteten Menschen und anderen Ausländern auszutauschen. An dieser Stelle wird mir Folgendes klar: Meine Lage ist überhaupt nicht so schlecht und ich bemerke, dass ich gar nicht allein bin. Mein Vater, meine Schwester, meine französischen sowie meine deutschen Freundinnen und Freunde und auch meine Kollegeninnen und Kollegen begleiten meinen Alltag. Mit dieser Erkenntnis kommt meine Lebensfreund zurück: Plötzlich entdecke und genieße ich mein neues Leben. Ich lerne mich besser kennen und ich erweitere meine Kenntnisse. Ich sammele Erfahrungen, die außergewöhnlich sind.
Ich reife.
Hier in Deutschland gewann ich Abstand von verschiedene Sachen, die Trennung meiner Eltern, die Krankheit meines Vaters. Ich versuchte mich besser kennenzulernen und mich besser zu verstehen. Ich entdeckte mich selbst und wurde positiv überrascht.
Dank meines Europäischen Freiwilligendienst und aufgrund meiner unterschiedlichen Seminare hatte ich das Glück, mich mit Personen aus anderen Gegenden der Welt auszutauschen. Ein Bild, das für immer in meinem Kopf bleiben wird, ist Folgendes: ein Grieche, zwei Slowakinnen, eine Russin, ein Ukrainer, eine Georgierin und eine Französin haben sich versammelt, unterhalten sich auf Englisch und trinken gemeinsam ein deutsches Bier. In diesem Moment habe ich unsere Welt sehr lieb gewonnen und war dankbar.
Wie schnell die Zeit vergeht, wenn man sich so wohl fühlt...
Und dann kam die schon bekannte aber gefürchtete Zeit. Diejenige, die schneller kommt, als man glaubt. Diejenige, die man ablehnt. Der Count-Down läuft. Die Sanduhr ist umgedreht und du siehst, wie sich unten immer mehr Sand ansammelt. Aber du, du fliehst vor der Realität. Du will es nicht. Du wünschst, dass der Sand oben bleibt.
Dieses einzigartige Abenteuer wird zu Ende gehen: Fin!?
Du bist deprimiert. Du bist wehmütig. Ein ungutes Gefühl verteilt sich in deinem Körper. Und eine Stimme flüstert in dir, dass du es nicht genug genossen hast. Stimmt das?
Also packe ich meine Koffer, weil ich umziehen muss. Die Zeit „auf Wiedersehen“ zu sagen, ist gekommen.
Und wieder ist der Abschiedsschmerz dar, nochmals muss ich Menschen verlassen, die ich lieb gewonnen habe und die mir wichtig sind. Menschen, mit denen ich so Vieles monatelang geteilt habe. Menschen, die meine zweite Familie geworden sind.
Aber ein berühmtes Sprichwort besagt: "Man verlässt sich, um sich besser wieder zu finden ". Daran glaube ich!
Da ich mich nun sehr wohl in Deutschland fühlte, entschied ich mich hierzubleiben. Mittlerweile sind beide Länder zu meiner Heimat geworden.
Die Person, die ich heute bin ist das Ergebnis von vielen Begegnungen, Einflüssen und Erfahrungen.
Dank dieser werde ich mutig meinen Masterstudiengang in Berlin beginnen!