Der Monat, die Zeit und das Glück - oder: Wer suchet der findet!
Was ändert sich für einen Freiwilligen im Ausland? Chouchette fühlt sich manchmal wie eine Zerrissene zwischen zwei Ländern und Kulturen und stimmt Plinius' Zitat zu: "Jede Zeit ist umso kürzer, je glücklicher man ist."
Wenn man in ein fremdes Land auswandert für ein Jahr, dann muss man wohl in Kauf nehmen, dass sich dort vieles ändert.
Es ist nicht wie bei den Touristen, für die sich die Umgebung ändert, die neue kulinarische Genüsse kennenlernen, eine unbekannte Sprache hören und versuchen, all diese flüchtigen Momente auf der nagelneuen Digitalkamera festzuhalten, damit er nachher zu Hause seinen Lieben davon berichten kann.
Das hier ist alles ganz anders. Für einen Freiwilligen, einen Auswanderer, einen Menschen wie uns, ändert sich sehr viel mehr, was man nicht sofort von außen sehen kann. Und das, was sich am stärksten ändert, ist die Zeit.
Sie nimmt hier ganz und gar andere Gestalten an. Sie bekommt einen neuen Wert beigemessen, den man so kaum kennt. Denn unsere Zeit hier, ist ein Geschenk kann aber auch ein Alptraum sein.
Manchmal verläuft sie so langsam, dass man es kaum aushält und manchmal rennt sie davon, dass man es kaum glauben kann.
Für mich vergehen die Tage hier wie im Fluge. Ich erlebe so viel, dass ich es gar nicht mehr schaffe, alles in mein Tagebuch zu schreiben. Was mir daher manchmal leid tut, sind die Leute, die zu Hause geblieben sind. Dass sie dieses Abenteuer hier nur bedingt miterleben können.
In letzter Zeit wünsche ich mir oft, dass meine Freunde hier wären, meine Familie... Umso schöner war es, als meine Mutter mich letztes Wochenende besuchen kam.
Endlich konnte ich ihr all das zeigen, wovon ich ihr immer erzähle. All das, was man gar nicht schafft, per Fotokamera festzuhalten, weil viele dieser Momente viel zu schnell verfliegen.
Irgendwie ist das schade, dass es soviel schöne Dinge gibt, die so schnell auch schon wieder vorbei sind. Manchmal macht mich das traurig. Erst gestern habe ich mich mit meinem spanischen Freund, der auch Volontaire hier ist, darüber unterhalten.
Viele von uns haben jetzt schon Angst, wieder nach Hause zu müssen. Ach, irgendwie lebt man doch auch wie ein Zerrissener hier, zwischen zwei Ländern, zwei Kulturen. Man versucht ständig, sich zu entscheiden.
Heute und gestern habe ich viel mit den Frauen aus meiner Einrichtung gearbeitet.
Wir haben kleine Stoffsäckchen genäht, mit Perlen verziert, Sterne gebastelt und uns weiter kennengelernt.
Viele von ihnen kommen aus fernen Ländern und kennen dieses Gefühl sicherlich noch besser als ich. Aber wie sie sich trotz all ihrer Probleme damit arrangieren ist bewundernswert.
Ich denke, man kann viel von den Menschen lernen, mit denen man arbeitet, egal wie alt sie sind, oder welche Schwierigkeiten sie haben. Ich habe daher also heute festgestellt, dass, selbst wenn sie zu schnell vergeht, diese Zeit die wir hier haben, das pure Glück sein muss.
Denn wie schon Plinius sagte: "Jede Zeit ist umso kürzer, je glücklicher man ist." Daher also all die Aufregung! Nun gut, dann kann man ja doch auch mal getrost die Kamera beiseite lassen und das Leben ohne Dokumentationswut einfach so genießen. Das Glück lässt sich eben nur ungern auf Fotos festhalten...