Buďme zase spolu!
Über ein Staatsjubiläum gar nicht weit von uns entfernt
Heute leben wir hier in Deutschland in einem Staat, der aus den beiden früheren Teilen DDR und BRD besteht. In diesem Jahr begingen wir bereits den 28. Festtag dieser Wiedervereinigung. Östlich von uns haben derweil zwei Länder Anlass zum Feiern, die einst eine Einheit bildeten und heute getrennt sind. Dabei blicken sie auf ein wohl noch eindrucksvolleres Jubiläum: Das ganze Jahr steht im Zeichen des Mottos „100 let“ – „100 Jahre“. Auf welches Ereignis mag sich dies wohl beziehen? Gedacht wird der 100. Jährung der tschechoslowakischen Staatsgründung.
Für diesen Anlass gibt es das ganze Jahr über und im ganzen Land verteilt die verschiedensten Feierlichkeiten, Ausstellungen, Konzerte etc. Es ist ein herausragendes Event, dass sich durch alle Generationen zieht. Die Umsetzung ist dabei ganz unterschiedlich, von staatlichen Festakten bis zu modernen Popsongs reicht die Bandbreite. Ein eigens geschriebenes Lied beispielsweise vereint bekannte Sängerinnen und Sänger, wie man es sonst zum Beispiel von „We Are the World 25“ kennt. Das Stück beschäftigt sich mit dem, was in den einhundert Jahren geschah, und was in einhundert Jahren wohl sein wird. Dabei ist der Ausblick durchaus positiv: „Sie werden wohl ebenso singen können und auf dem Tisch tanzen wie wir, auch nach 100 Jahren.“ Den zugehörigen Clip findet man auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=cEYLdntVBdM.
In den vergangenen 100 Jahren, aber auch weit davor schon und darüber hinaus, standen und stehen die Tschechische Republik und die Slowakei in einer engen kulturellen wie auch geschichtlich-politischen Verbindung. Einen besonderen Bezug gibt es dabei auch zu Deutschland und dem Verlauf der europäischen Geschichte. An das Jahr 1918 haben die mitteleuropäischen Völker sehr verschiedene Erinnerungen: Deutschland stand nach einem verlorenen Krieg, das Kaiserreich war zusammengebrochen, es folgte eine Revolution und darauf „eine problembeladene Zeit erster Gehversuche mit der Demokratie“. Tschechen und Slowaken dagegen gründeten nach den Wirren und dem Graus des Ersten Weltkriegs die demokratische Tschechoslowakische Republik. Diese Selbstständigkeit und nationale Selbstbestimmung nach der jahrhundertelangen Vormacht der Habsburger verlieh der Bevölkerung neues Selbstbewusstsein und Zuversicht. Dabei gab es jedoch auch eine taktische Komponente: Durch die Nationsgründung konnten die Deutschen, von denen ganze drei Millionen im neuen Staatsgebiet lebten, zur Minderheit erklärt werden. Dabei blieben ihre Stellung und ihr Status jedoch ungelöst, laut Experten „eine Hypothek, die der Tschechoslowakei 1938 zum Verhängnis [wurde]“. Gemeint ist der deutsche Hegemonieanspruch.
Am 18. Oktober 1918 riefen Tomáš Garrigue Masaryk und Edvard Beneš im US-amerikanischen Exil die Gründung der ČSR – der „Československá republika“ – aus. Dieser Erklärung folgten bald Tatsachen, als Österreich zehn Tage später US-Präsident Wilsons 14-Punkte-Plan für den Waffenstillstand unterzeichnete. Dazu gehörte auch die Abtrennung von Böhmen und Mähren (heutiges Tschechien), der Slowakei und einem Teil von Schlesien (hauptsächlich heutiges Polen) sowie die Gründung eines eigenen Staats am 28. Oktober 1918. Dieser gilt seit dem als Staatsfeiertag im Gedenken an die Entstehung eines selbstständigen tschechoslowakischen Staates.
Obwohl diese Ereignisse schon einhundert Jahre zurückliegen, können sie doch auch unser aktuelles Verständnis und das Bewusstsein unserer jungen Generation beeinflussen. Sie machen uns auch klar, wie lang und wechselhaft der Weg zu einem vereinten und freien Europa war. Im Zuge der Festveranstaltungen anlässlich des Republikgeburtstags äußerte Dr. Vojen Drlík: "Trotz aller Lasten in der Vergangenheit bestehen Brücken, die an glückliche Zeiten erinnern und an denen es gilt, weiterzubauen". In diesem Sinne ist es wichtig, auch in tagesaktuellen Geschehnissen die europäischen Ideale von Freiheit, Frieden und Zusammenarbeit hochzuhalten. So verband und verbindet unsere Staaten mehr als nur Urlaubsreisen in das "Goldene Prag" oder die Schönheit der Hohen Tatra beziehungsweise Erzählungen vom "braven Soldaten Schwejk". Während eines Galakonzerts aus der Veranstaltungsreihe bemerkte František Ružička, Staatssekretär im Slowakischen Außenministerium, er sei mit guter Laune aus seinem Heimatland bis nach Berlin gekommen: „Keine Grenzkontrollen, kein Geldumtausch, da die Slowakei längst den Euro eingeführt hat - davon konnten die Generationen vor uns nur träumen“. Walter Lindner, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, ergänzt: „Wir sind Nachbarn vom Herzen her. Dass es so kam, ist keineswegs selbstverständlich.“ So ist dieses Jubiläum und der Blick in die Geschichte auch ein Anlass dankbar zu sein, für die Verhältnisse, in denen wir heute leben dürfen. Und eines eint die Tschechische und die Slowakische Republik trotz heute getrennter Staaten: Sie sind zusammen unter dem Dach Europas und der europäischen Länder.
Quellen:
http://www.czechtourism.com/de/n/100-years-republic-6-cities/
https://www.youtube.com/watch?v=cEYLdntVBdM
https://www.tagesspiegel.de/politik/100-jahre-tschechoslowakei-geburtstag-ohne-geburtstagskind/23238730.html
https://www.onetz.de/oberpfalz/speinshart/100-jahre-tschechoslowakei-id2534840.html