Alles neu macht der September...
Seit gut drei Wochen bin ich jetzt hier mitten auf dem platten Land und habe bisher mehr erlebt, als mir eigentlich bewusst ist. Es waren keine der großen, ganz aufregenden und ewig-in-Erinnerung-bleibenden Erlebnisse; dafür aber ganz, ganz viele kleine, verrückte Momente und Erlebnisse, die dafür Sorgen, dass mir der Gesprächsstoff nie ausgeht und die Langeweile fernbleibt.
Seit ich hier in Tschechien bin, hab ich im wahrsten Sinne des Wortes "LandinSicht"! Nicht nur, dass sich hier tatsächlich alle wie alte Seemänner mit "Ahoj" begrüßen; nein, ich bin auch noch umgeben von zahlreichen Wäldern, Feldern und Wiesen. Und natürlich der Radbuza, dessen Bachläufe selbst durch mein bescheidenes 40-Menschen-Dorf fließt. Und trotzdem hat mir das Landleben in Tschechien so viele Ereignisse eingebracht, dass ich gar nicht weiß, wo ich zu erzählen beginnen soll...
Daher dachte ich mir, arbeite ich erst einmal all die Dinge ab, die ich zum ersten Mal gemacht habe, eben weil ich hier in Tschechien auf dem Land lebe:
- mit einem dieser kleinen, alten Waggongzüge fahren, die durch die Dörfer tuckern und in denen man sich das Ticket direkt während der Fahrt, beim Zugführer kauft. (Mittlerweile mag ich die Züge total gerne! Die Lokführer sind immer superlieb, manchmal lassen sie mich kostenlos fahren oder betreiben mit mir ein bisschen Smaltalk, was auf Grund meiner fehlenden Tschechischkenntnisse ziemlich einseitig bleibt.)
- meinen kompletten Freitagabend mit einem kranken Ziegenbock verbringen
- eine Diagnose über den Tod eines Ziegenbockes aufstellen und panisch den Mann meiner Mentorin anrufen (ein wirklich peinliches Versehen! Aber er ist zum Glück Deutscher und verständnisvoll noch dazu. Zumindest war er das am Telefon.)
- im Supermarkt ein Huhn samt orignalegetreuer Geräusche imitieren, um die Eier zu finden (leider hat die Verkäuferin das trotz meiner Bemühungen und schauspielerischen Talente nicht verstanden und mir nur Wischmopp und Schokolade gezeigt... Dafür lacht sie jetzt immer fröhlich, wenn ich komme.)
- mich spontan mit einem zehnjährigen Mädchen im Zug anfreunden und dann noch den halben Nachmittag mit ihr abhängen, weil sie so süß war und sich so gefreut hat, mit mir Zeit zu verbringen
- Prag mit einer anderen Freiwilligen besichtigen und dort einen absolut entspannten Tag haben, bis wir schlißelich mit dem U-Bahnticketautomaten schwerwiegende Probleme haben und daher den Bus und somit meinen letzten Zug verpassen. (Sie war so nett und hat mich bei sich übernachten lassen)
- ekelhaften, billigen Apfelcidre komplett leertrinken, weil man den ja schließlich bezahlt hat
- Käse in der ganzen Wohnung und im Treppenhaus verteilen, damit die Maus NICHT zum neuen Mitbewohner wird (die sanfte Tour hat leider nicht geklappt...)
- eine tote Maus aus einer Mäusefalle entfernen (Igittigitt! Ich hoffe, dass ich das auch wirklich NIE wieder machen muss!)
- Laufenten durch Zischlaute und vergebliches Rumgehopse von der Wiese in den Stall scheuchen
- ganz, ganz, ganz viel mehr, was ich gar nicht alles aufzählen kann!
Aber natürlich gibt es (zum Teil Dank dieser einmaligen Erlebnisse) schon viele Dinge, die ich hier bereits gelernt habe:
- dass Schaffner und Ticketverkäufer in Großstädten nicht alle so nett sind, wie die hier auf dem Land und deswegen muss man manchmal leider Schwarzfahren, um ans Ziel zu kommen (irgendwie verstehen die nämlich nicht wirklich die Existenz und den Namen meines Dorfes.)
- dass man eine tote Ziege tatsächlich an steifen Gliedern, kühler Nase und absoluter Regungslosigkeit erkennt
- um eine Freundschaft zu schließen muss man nicht mit Worten kommunizieren können (zumindest nicht bei Kindern)
- dass diese Loomarmbänder chinesisches Gift enthalten, wenn sie nicht das Orginal sind, was krebserregend ist und wovon man unwillkürlich stirbt! (Zumindest hat mir das ein Junge ganz panisch erklärt, nachdem er mir am Vortag drei solcher Armbänder geschenkt hat.)
- ein ganz, ganz bisschen Tschechisch
- dass man super mit den Wörtern "Ahoj" (Hallo/Tschüss), "dobrý" (gut) und "ano" (ja), sowie ein paar undefinierbaren Lauten wie "Oji" auskommt, wenn man mit Kindern spielt, sich was von ihnen zeigen lässt, ihnen zuhört und überhaupt! :D
- dass alles ganz neu hier ist und einfach, aber deswegen nicht schlechter. Einfach anders! :)
Ich habe mir hier wirklich Mühe gegeben, das Erlebte von drei Wochen möglichst kurz zusammenzufassen, aber dennoch steht nur die Hälfte von alldem, was ich sagen wollte, in diesem Bericht. Aber ich strenge mich an, dass demnächst regelmäßig was Neues für euch folgt. Und dann auch mal ganz ohne Stichpunkte. ;)