Unterwegs und querfeldein
Die anstrengendsten aber ereignisreichsten drei Wochen bisher. Zwischen Palmen, Tannen und meinem ewigen "Heidi, Heidiiiii"-Ohrwurm.
Südfrankreich: Sonne, Palmen, schattige Gassen, weites Land, Jugendliche aus ganz Europa.
Zu Hause: Ferienbetreuung von früh bis spät, Ausflüge, Spiele, erste Frühlingstage.
In den Vosgesen: Wald, Berge, eisigkalte Morgenluft, zuhören, lernen, mitmachen, vorbereiten, arbeiten, planen, planen, durchführen, wenig schlafen, …
Und jetzt wieder zu Hause und im Alltag. Der letzte Monat war im Vergleich zu den ersten beiden vollgestopft mit „Terminen“ und hat mich was Sprachkenntnisse (vor allem endlich auch in der Jugendsprache...), theoretisches Wissen über Kinder und Animation und was persönliche Bekanntschaften angeht um ein Vielfaches nach vorne geschleudert.
Zuerst kam noch die „Erholung“: Das Ankunftsseminar für die SVEler in Sommières, Südfrankreich. 5 Tage purer Frühling, gutes Essen und viel Wein, zur einen Seite der üppig grüne Garten am Berghang und zur anderen Seite geht’s raus in eine französische Stadt aus dem Bilderbuch. Lidl nur 5min die Straße runter und zudem Freiwillige aus Polen, Italien, Estland, Wales, Rumänien und und und. Und der Erfahrungsaustausch zeigt unter anderem zumindestens, dass bei mir alles ziemlich gut läuft und organisiert ist. Man kann ja auch nicht alles haben: Ein super Projekt in Paris oder Marseille, das wäre ja SOWAS von nicht fair.
Claudi und ich genossen noch das Wochenende im Süden, waren in Nîmes (wusstet ihr, woher der Jeansstoff Denim herkommt? Richtig, de Nimes...) und in Avignon (war über 100 Jahre Sitz des Papstes) und mussten auf der Rückfahrt feststellen, dass 1. Klasse reisen nicht heißt, dass dir ein Sitzplatz zusteht.
Es folgte die erste Ferienwoche in Frankreich. Also 5 Tage vom 9h bis 18h30 Kinder satt. Zudem war ich als animatrice für die „Großen“, ab 6/7Jahre eingeteilt. Die sind deutlich schwieriger als die Kleinen, schlauer und dickköpfiger. Thema der Woche waren die 7 Wunder von Malzeville (schwaches Lachen...), schöne Dinge wie die Kirche, die Brücke nach Nancy, der Staudamm, das Altersheim. Also gabs jeden Tag einen Ausflug, zum Glück im Sonnenschein, und – wuaoh! - sogar Kino. „Gullivers Reisen“ empfehle ich übrigens nicht weiter. Dass eins der vielen Gruppenbilder, die unterwegs getätigt wurden, in der Zeitung gelandet ist, hab ich erst heute durch Zufall entdeckt. Wenn das Lächeln da mal echt ist!
Freitagabend war also Schluss mit Ferienarbeit und Samstagmorgen ging der Spaß gleich weiter. Unausgeschlafen, schlecht gelaunt und vollgepackt mit festen Schuhen, warmer Kleidung und ähnlich schlauen Sachen gings mit Claudi und der italienischen Freiwilligen unserer Organisation, Ilaria, auf in Richtung Berge.
Dass der Zug, der uns die letzte Etappe bis zum verschlafenen Nirgendwo Corcieux bringen sollte, ein bisschen was von einem Viehtransporter hatte und dessen Innenausstattung ungefähr aus den 70ern stammte, senkte unsere Erwartungen zum Glück in Richtung Realität. In Corcieux wurden wir dann mit dem Auto eingesammelt und die letzten 10min an vereinzelten Gehöften vorbei in einsame 800m Höhe gefahren. Dort gibt’s nur die Ferienanlage, eine handvoll Angestellte, einen alten und dennoch notgeilen Hund und uns: 14 stagiaires, die den ersten Teil des BAFAs (Ausbildung für Animateure in Hort, Ferienbetreuung und Ferienlagern) absolvieren wollen/müssen und unsere 2 formateure.
Für die nächsten 8 Tage hieß es dann abwechselnd Theorie und Praxis, Theorie über die körperliche und psychische Entwicklung verschiedenen Altersgruppen, Interessen, Bedürfnisse, Tagesrhythmen, Schwierigkeiten, Gesetze, BERGE an Blättern mit Infos und immer wieder kleine Tests. Zudem wurden wir in 2 Gruppen aufgeteilt und jede Gruppe musste im Laufe der Woche 3 Themenabende und 3 Aktivitäten tagsüber planen, vorbereiten und durchführen. Je nach Kooperations- und Kommunikationsfährigkeit deines Teams ist das leichter oder schwerer. Ich war natürlich in dem Team, das die ganze Woche über mehr oder weniger versagen sollte, trotz viel Arbeit bis spät in die Nacht.
Zur Vorbereitung gibt’s zwar ein wenig Zeit vor dem Abendessen, was aber lange nicht ausreicht. Nachdem also die jeweilige Gruppe abends Ihren Themenabend durchgeführt hat, setzt man sich dann um 21 oder 22h wieder zusammen und macht weiter, normalerweise auf jeden Fall bis nach Mitternacht. Frühstück gibt’s um 8 Uhr. Die kurzen 10min-Pausen im Laufe des Tages wurden daher mit Vorliebe für ein wenig Powernapping genutzt.
Und the cherry on the top: Da wir mit allem ja mehr oder weniger ein Ferienlager simulieren (Ballspiele, Ralleys am Nachmittag, abends ein Themenabend) gibt’s am letzten Abend ein großes Spektakel an dem parallel noch alle zusammen arbeiten mussten. Zwecks Thema entschieden wir uns für Mittelalter... Heute wären wir klüger, da gibt es nämlich eindeutig leichtere Themen.
Mittag und Abendessen sorgten stets für Spannung: Die Höhepunkte bildeten ohne Zweifel die bis zur Staubtrockenheit erhitzten Hühnerkeulen und der Tag, an dem es Rinderzungen zum Mittag und Muscheln zum Abendessen gab. Nix für spießige Mägen.
Die Woche war also wirklich fies anstrengend, mit mehrstündigem Sportmatch und Wandertour inklusive. Wir haben uns bis zur Weißglut und zur totalen Resignation gebracht, uns den letzten Nerv geraubt, diskutiert, gestritten und gelästert. Aber – natürlich – fallen einem in Nachhinein wieder all die positiven Dinge ein, wir saßen ja alle zusammen im Boot, hatten unsere Insider, haben gelacht und uns geholfen, zusammen gegessen, gesungen, gearbeitet und geschlafen. Und wenn wir nicht gestorben sind, …
So in etwa war es also. Neben den offensichtlichen Resultaten was Sprache und Freunde angeht, gabs außerdem für jeden die Bestätigung des erfolgreich absolvierten ersten Teils des BAFA, für mich den 2. Platz der Gesamtauswertung aller Fragebögen und für jeden eine kleine Charakterisierung mit empfohlener Altersgruppe für die Arbeit: 8-13 Jahre, für mich.
...Volltreffer. Wenn das mal nicht meine Lieblingsaltergruppe ist.