Mission (Im)possible...
Judith_in_London erlebt neben den Retreats in ihrem Projekt einen weiteren Aspekt ihrer Arbeit: Sie geht an Schulen, um dort jeweils eine Woche lang mit den Kindern zu arbeiten.
"Mission (Im)possible" war das Thema unserer "mission". Ich weiß nicht so ganz, ob ich "mission" mit "Mission" übersetzen kann, das klingt irgendwie so komisch, aber ich weiß auch nicht, wie ich es sonst nennen soll, also bleibe ich jetzt einfach bei der englischen Bezeichnung "mission".
Es ist keine Mission, weil wir niemanden zum Glauben bringen sollten! Die Schulen, mit denen wir arbeiten, sind meistens katholisch und die Kinder sind es auch gewöhnt, in der Schule zu beten, sie wissen alle etwas mit "Gott" und "Jesus" anzufangen. Wir sind eigentlich nur dazu da, etwas neue Aspekte des Glaubens zu zeigen und zum Nachdenken anzuregen.
Normalerweise haben wir hier bei SPECeast immer "Dayretreats", d.h. Schulklassen kommen für einen Tag zu uns und wir helfen ihnen, etwas von Gottes Liebe und über sich selbst zu erfahren und bereiten ihnen einen schönen Tag. Die Kinder, die hierher kommen, sind so durchschnittlich zwischen 12 und 18 Jahren alt.
Bei der "mission" ist alles anders. Da besuchen wir eine Schule eine Woche lang, fünf Tage lang beschäftigen wir uns mit denselben Kindern. Ein weiterer Unterschied zu den Retreats ist hier auch das Alter der Kinder, denn die Schule, die wir besucht haben, ist eine Grundschule, die jüngsten Kinder dort sind drei Jahre alt und die ältesten elf.
Da ich nun grob geklärt habe, worum es sich bei einer "mission" handelt, kann ich ja jetzt etwas genauer davon berichten, was uns in der letzten Zeit so beschäftigt hat.
Vor zwei Wochen fingen die Vorbereitungen für uns an. Jeden Abend stand "mission prep." auf dem Tagesplan. Uns wurde gezeigt, was an den einzelnen Tagen so anstand und wir mussten verschiedenste Sachen vorbereiten... viel kopieren und sortieren, Lieder aussuchen, Powerpoints fertig stellen, Sessions vorbereiten usw.
Am Sonntagabend sind wir dann ins SPEC Centre gefahren. Da SPEC etwas nordwestlich von London liegt, ist es viel näher an Stevenage, wo sich die Schule befindet. Dort wurde dann abends noch einmal der Plan für Montag genau durchgesprochen, sodass jeder genau wusste, was am nächsten Morgen zu tun war.
Und dann ging es los! 6.15 Uhr mussten wir im Auto sitzen, damit wir rechtzeitig in der Schule sein konnten und genug Zeit hatten, alles aufzubauen und noch einmal durchzugehen. Wir waren alle etwas aufgeregt, weil wir nicht so ganz wussten, was uns erwarten würde. Das waren schließlich ganz neue Dimensionen hier! Anstatt vor 30 Kindern zu stehen, mussten wir nun vor 220 Schülern reden, singen und tanzen... nicht zu vergessen die Lehrer und Eltern, die auch immer mit dabei waren!
Wir hatten einen kleinen Raum, in dem wir unsere Sachen abstellen konnten und in den wir uns in unseren Pausen zurückziehen konnten. Aber den Grossteil der Zeit dort haben wir in der Halle, die sowohl Eingangshalle, als auch Ort für Versammlungen und Gottesdienste (die hatten dort nen richtigen Altar drin!), als auch Turnhalle ist, verbracht. Dort fanden jeden Morgen und Nachmittag die "Assemblies" und "Prayers" statt.
Nach den Assemblies sind wir immer in die einzelnen Klassen gegangen und haben mit den Kindern verschiedene Themen behandelt, wir haben verschiedene Arbeitsblätter mit ihnen bearbeitet, mit ihnen gemalt und gebastelt, kleine Theaterstücke mit ihnen ausgearbeitet, mit ihnen gesungen, getanzt und gespielt.
Der grobe Tagesablauf sah dann also etwa so aus:
Kurz nach sechs bzw. später dann kurz nach sieben sind wir mit zwei Autos nach Stevenage gefahren und haben in der Schule alles Wichtige aufgebaut und vorbereitet.
9.15 Uhr war die "Infant Assembly" mit den year 0-, year 1- und year 2-Kindern. Anschließend wurde das Ganze noch einmal für die Kinder in year 3 bis year 6 wiederholt.
Nach einer kurzen Hofpause fanden dann die "Classroom Visits" statt. Wir waren 8/9 Leute in unserem Team und haben uns so auf die Klassen aufgeteilt, dass immer ein oder zwei von uns in einer Klasse waren. Zuerst bei den Infants (den Jüngeren) und danach bei den Juniors (den älteren Kindern). Die Kinder haben sich immer total gefreut, wenn wir kamen! Und die Lehrer haben uns auch immer unterstützt, wo es nur ging! Wenn die Kinder zu laut waren oder nicht schnell genug oder nicht ganz wussten, was zu tun war, hat immer sofort eine der Lehrerinnen (es gab dort nur einen männlichen Lehrer an der Schule... und einen Hausmeister) geholfen.
Als nächstes gab es dann die Mittagspause. Wir haben mit den Kindern zusammen gegessen. Es war immer ein ziemlicher Aufruhr, wenn wir in die Halle (ach ja, das hab ich vorhin vergessen, in der Halle wurde auch gegessen!) kamen und unser Essen abholten, weil alle Kinder wollte, dass wir neben ihnen sitzen. Wir wussten gar nicht, wo wir jetzt hingehen sollten, weil überall jemand schrie und die dann traurig waren, wenn wir nicht zu ihnen kamen...
Nach dem Essen ging es raus auf den Hof und dort wurden dann ein paar Spiele gespielt oder irgendwie die Zeit vertreiben...
Anschließend hatten wir eine Pause mit dem Team, die wir dazu genutzt haben, alles für die "Prayer times" vorzubereiten.
Es gab wieder zwei Versammlungen, einmal für die Jüngeren und dann für die Älteren. Im Groben und Ganzen wurde jeweils das Gleiche behandelt, aber manchmal hatten wir etwas mehr für die Juniors, was die Kleinen vielleicht noch nicht verstanden hätten. Hier wurde auch immer sehr viel gesungen und getanzt.
Unsere Lieder waren fast alle Bewegungs-Lieder, die von Jesus oder Gott handelten und bei denen man die ganze Zeit in die Knie gehen musste. Wir mussten jedenfalls ständig hüpfen und in die Knie und dabei laut singen, sodass alle Kinder uns verstehen konnten, weil wir ohne Mikro gesungen haben... Das war gar nicht so einfach und gegen Ende wurde meine Stimme immer leiser, aber gegen Ende konnten die Kinder auch selber immer lauter singen und brauchten uns nicht mehr so sehr.
Es war echt faszinierend mit anzusehen, wie sich die Kinder im Laufe der Woche entwickelten! Am ersten Tag kamen sie alle ganz ruhig in die Halle und setzten sich ohne ein Wort zu sagen an ihren Platz. Sie waren alle sehr aufgeregt und gespannt, was denn jetzt kommen würde. Später kamen sie laut schnatternd in die Halle und wenn wir anfingen zu singen, wurde von Anfang an mitgesungen und mitgetanzt...
Das waren immer meine Höhepunkte des Tages, wenn wir am Ende mit allen gesungen und getanzt haben und sich diese Masse kleiner rot-schwarz-weiß-grauer Kinder hoch und runter bewegte; wie Wellen im Meer... und die ganzen lachenden Gesichter! :)
Es gab auch so ein paar Kinder, die mir ganz besonders ans Herz gewachsen sind. Einer war ein kleiner italienischer Junge aus year 3, er hieß Giordano und war so niedlich! Ein bisschen wir mein kleiner Bruder Michi, als er noch jung war. ;) Er war etwas frech und hat die ganze Zeit geredet und er hat sich einmal in der Mittagspause neben mich gesetzt und mit mir geredet. Das Witzigste war bei meinem Classroom Visit in year 3: Justina und ich hatten ein Quiz für die Kinder vorbereitet und die Gruppe von Giordano hatte eine Antwort falsch... und was macht der kleine Kerl? Er fällt wie ein italienischer Fußballer auf die Knie und ärgert sich! Das war ja so putzig!
In year 6 gab es ein Mädchen, die etwa so aussah wie ich in ihrem Alter, das fand ich auch sehr interessant... Da war auch noch ein Mädchen aus year 4, das immer zu mir gekommen ist, um "hallo" zu sagen und sie wollte immer wissen, wann ich denn mal in ihre Klasse komme und so...
Und dann der eine Junge aus year 5. Ich hatte am Dienstagvormittag eine Tanzworkshop mit 15 Kindern aus year 5 und hab ihnen dort zwei Lieder mit Bewegungen beigebracht. Einer der Jungs schien immer nicht so ganz bei der Sache zu sein - und etwas mehr Aufmerksamkeit zu benötigen. Ich dachte, dass ihm der Tanz vielleicht keinen Spaß macht, aber das konnte ich nun auch nicht ändern. Als wir das Gelernt dann vor den anderen vorgeführt haben, hat er aber sehr gut mitgemacht. Am nächsten Tag war ich in year 5 und wir haben dort über unsere Talente gesprochen. Die Schüler sollten ein Arbeitsblatt ausfüllen mit Dingen, die sie mögen, die sie lernen wollen und worin sie gut sind. Dieser Junge hatte zu was er mag "tanzen" geschrieben. Das hat mich etwas gewundert und deshalb hab ich dann nachgefragt, ob ihm der Tanz am Tag zuvor dann gefallen hätte und er meinte, dass er es ganz toll fand!
Aber nicht nur die Kinder waren toll und haben gut mitgearbeitet! Auch die Lehrer waren einfach nur herzlich und total toll! Sie waren hilfsbereit, offen für alles, sie haben alle dummen Tänze und Lieder mitgemacht und hatten immer ein Lächeln auf den Lippen! Ich finde auch ihren Umgang mit den Kindern bewundernswert: Einerseits sind sie sehr streng und bringen sofort Ordnung in die Rasselbande und dabei sind sie andererseits trotzdem total freundlich den Kindern gegenüber und die Kinder kommen immer zu ihnen, wenn sie ein Problem haben. So etwas hatte ich in Deutschland nicht erlebt! Ich glaube, wir waren dort auch in einer sehr guten Schule.
Und die Eltern waren auch toll! Jeden Tag wurden es mehr Eltern, die bei den Assemblies morgens zugeschaut haben. Am Ende kamen sie immer zu uns und haben uns erzählt, wie begeistert ihre Kinder von uns und der mission sind und was sie alles mit nach Hause nehmen. Wir haben jeden Tag kleine Gebetszettel ausgeteilt, auf denen Gebetsanregungen standen. Viele Eltern haben uns dann davon berichtet, wie ihre Kinder diese Gebete beten wollten und dass sie, die Eltern, unsere Tänze und Lieder mit ihren Kindern üben mussten. :)
Am Freitag hatten wir einen Gottesdienst mit allen Kindern aus der Schule und ihren Eltern. Wir haben fast nicht in die Halle gepasst, aber irgendwie ging es dann schon. Wir haben mit jeder Klasse etwas vorbereitet: verschiedene Anspiele, Lieder, es gab einen Chor, die Lesungen und Fürbitten und einen Zeichensprachentanz.
Und damit war die Mission dann erfüllt. Alle waren fröhlich - naja, nicht alle... eigentlich waren die meisten eher traurig, weil wir gehen mussten, aber alle hatten Spaß in der Zeit, die wir mit ihnen verbracht hatten, und sie haben etwas gelernt.
So konnten wir uns am Freitag also endlich wieder auf nach Hause machen! Wir sind alle noch ziemlich müde, aber die Mission wird lange noch als gute Erinnerung erhalten bleiben und wir hoffen alle, dass wir bald wieder die Gelegenheit bekommen werden, so etwas zu wiederholen!
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