Das Schöne und das Biestige
Ein herrlicher Tag in Luxemburg, Besuch aus Verdun und Spaß mit den Kiddies. Und auch ein wenig Entsetzen.
Es ist passiert: Eine Französin hat mich gefragt, wo Deutschland ist. Ernsthaft.
Auch wenn man hinzufügen muss, dass die junge Dame anscheinend wirklich ganz einfach nur doof ist. Außerdem besteht sie darauf, mich zu siezen (wir duzen uns hier ALLE). Und außerdem hat einer der Jungens sie gefragt, ob es normal ist, dass sie einen Bart hat. Ähem.
Aber ja, Deutschland ist gleich nebenan, ein echt großes Land, aber nein, wir sprechen da kein Französisch.
Besagte Person macht gerade bei uns ein Praktikum und erlebte gleich an ihrem zweiten Tag einen,
hoffentlich nicht abgesprochenen, Rekordversuch: Von vielleicht 15 Kindern machen gleich DREI in die Hose: zwei Pipi, einer Kaka. Und das im Rahmen von 10sek bis 5min nach dem großen Toilettengang.
Was für ein Spaß.
Drei ist wirklich viel. Und alle auf einmal!
Schöner war dann heute unser Ausflug mit den "Großen". Auch wenns im Programm eigentlich nur hieß: Ins Einkaufszentrum, da ist Autogrammstunde der lokalen Basketballmannschaft. Aber das Ganze verwandelt sich in einen großen Spaß für Animateure und Passanten wenn man jedem Kind eine knallgelbe Mütze auf den Kopf setzt und dann mit 19 Gelbmützchen im Bus, der Straßenbahn, auf der Straße und im Einkaufszentrum Leute bespaßt. Auf den gelben Mützen steht, wenn ich das richtig verstanden habe, "Vorkoster". Und die Jungs, die schon richtig cool sind, setzen sie natürlich verkehrtherum auf.
Letzten Mittwoch dagegen haben wir Karneval gemacht. Also nochmal mit den Kindern, die mittwochs in die Tagesbetreuung kommen. Außerdem hat es ja auch nochmal jede Schule einzeln gemacht. Aber es ist ja auch süß, zumindestens bei den Kleinen. Bei den Großen gibt’s immerhin ab und zu einfallsreichere Kostüme als Fee, Prinzessin oder Spiderman, z.B. Michael Jackson oder Cleopatra. Als Deutsche wurde ich ja anfangs als totale Karnevalexpertin dargestellt, das galt es erst mal abzustreiten...
Mein absolutes Highlight in den letzten Tagen war aber eindeutig unser Tagesausflug nach Luxemburg! Dieses kleine Stück Erde hat es mir eindeutig angetan. Ich muss nochmal davon schwärmen, wie international dort alles ist: Auf den Straßen hört man u.A. Französisch, Deutsch, Luxemburgisch, Niederländisch, Flämisch und Englisch mit allen vorstellbaren Dialekten und Akzenten und es ist für alle ganz normal. Aber nicht so normal, wie es in Berlin oder London wäre, es ist eher so, dass viele auch den Großteil aller Sprachen verstehen. Während einer normalen Schulzeit wechselt ein luxemburgischer Schüler von Luxemburgisch in der Grundschule zu Französisch in der Sek I und Deutsch in der Sek II. Im Abi müssen dann Kenntnisse in allen drei Sprachen nachgewiesen werden.
Ladennamen, Schilder, Werbung – vieles ist mehrsprachig. In den Geschäften liegen deutsche Zeitungen, bei Schlecker ist alles eins zu eins aus Deutschland importiert. Beim Dönermann spricht man stolze acht Sprachen, weil vier sind ja eh der Standard.
Wenn sie auf der Uni Luxemburg ein Fach hätten, das mich interessiert, würd ich mich gleich bewerben: Das Studium wird auf jeden Fall zweisprachig abgehalten. Sprachen kann man auswählen.
Genug der Werbung, ich fands also gut. Wir eröffneten den Tag mit Hamsterkauf bei Schlecker ("Ooooh, guck mal! - Geil! Das gibt’s hier! - …") und dem Finden von 10€ auf der Straße, wovon wir uns unseren 4€-Döner leisteten, der zwar unverschämt teuer war aber dafür immerhin ein bisschen näher an einen deutschen Döner herankam. Das in Frankreich das ist ja... gar nix ist das.
Wir liefen durch die Einkaufsstraßen, machten ein paar hundert Fotos von dem Petrusstal, das sich in stolzer Breite und vor allem Tiefe durch die Stadt zieht und irrten dann eine Weile durch die Kasematten. Das sind unterirdische und bombensichere Verteidigungsanlagen, die sich in dem großen Bockfelsen befinden, der sich genauso unwirklich ins Stadtbild einfügt wie das Petrusstal.
Am Abend suchten wir nochmal ein absolut starkes Liege-Dingens auf, was wir morgens schon entdeckt hatten, diesmal aber für uns alleine hatten. Unglaublich, wie lange man sich dort beschäftigen und – mal wieder – Passante amüsieren kann. Es ist ganz glatt und so ergonomisch und man kann sich drehen und abstoßen und rutschen und und und...
Fazit: Wir sind glücklich und erschöpft wieder nach Hause gefahren. Nach Frankreich.
Claudi war dann schon bald nicht mehr so glücklich, weil an der Haltestelle für ihre Linie die Ersatzhaltestelle nicht ausgeschildert war und sie dadurch ihren letzten Bus nach Hause verpasste und wutschnaubend zu mir trabte. Aber ich hab ja immer ein Bettchen und eine Flasche Rotwein für solche Fälle bereit.
Am Sonntag gabs dann einen gemütlichen Stadtrundgang mit Julia, mit der ich Abi gemacht hab und Dana, die ich vom Ausreiseseminar kenne und die jetzt beide in Verdun SVE machen. Die Sonne schien, der Park vollgepackt mit Leuten, daneben der Markt mit frischen Früchten, Eiern, Fisch, die Franzosen mit ihrem täglich Brot (Baguette) unterm Arm und auf dem Place Carnot wird der Frühjahrs-Jahrmarkt aufgebaut.
Nancy von seiner schönsten Seite.