Winnetou klopft an der Scheibe
Meine vorerst letzte Sicht auf Deutschland war nicht die beste, muss man ja zugeben. Nebel, das man keine zwanzig Meter nach vorne schauen konnte, Nieselregen und Wind.
Meine vorerst letzte Sicht auf Deutschland war nicht die beste, muss man ja zugeben. Nebel, das man keine zwanzig Meter nach vorne schauen konnte, Nieselregen und Wind.
Im Flugzeug unter all den Menschen, die man nie vorher gesehen hat habe ich mich schon ein wenig wie Homo Faber gefühlt, über den Wolken irgendwo am europäischen Himmel.
Meine erste Sicht auf Litauen war nicht besonders anders: windig, kühl, nur nicht ganz so neblig.
Auf dem winzigen Flughafen in Kaunas habe ich dann irgendwann zwischen allen patriotisch mit Flaggenaufnähern bestickten Rucksäcken, Mützen, Koffern, das rote Caritas-Logo aufblitzen sehen und hatte die größten Ängste hinter mir.
Angekommen! Abgeholt!
Unser Fahrer Mister Saulus, natürlich ein Freiwilliger aus China, was sonst, rumpelt durch die neonbelichteten Straßen, an grünen Elektrobussen vorbei, riesigen Handy-Werbeplakaten, durch enge, gebogene Straßen, bis er vor einem großen gelben Haus mit der Nummer elf hält.
Alles geht sehr schnell, es ist ja auch schon spät, ich soll mir schnell ein Zimmer aussuchen, die Hausbesitzerin Valerija ist Künstlerin, wow, ist das Bild über dem Sofa etwa von ihr?
Aber irgendwie gefällt es mir. Sie sind klein und gemütlich, unsere Zimmer, manches ist ein bisschen sehr anders als gewohnt, aber das bisschen Kulturschock muss man wohl als Bereicherung ansehen.
Und vielleicht wird es nach neun Monaten das natürlichste überhaupt sein, sich das Wasser am Gasherd abzukochen und nicht einschlafen zu können, weil die kleine Katze, die wir Winnetou getauft haben, ewig an meinem Zimmerfenster krazt. Mit „labas!“ begrüßt zu werden und der Kassiererin im Iki mit „ačiū“ zu danken, die Kaffefilter erst in der letzten Ecke des riesigen Kaufhauses zu finden, hochmoderne Gebäude neben halb zerfallenen Häusern in allen Farben zu sehen, die Türen mit aller Kraft aufdrücken zu müssen, ohne Plan, ob und wann er überhaupt halten wird, auf den Bus, der mich zur Altstadt bringt, zu warten.
Eines ist sicher: Wenn der Schritt ins Litauen, das ich kennenlernen möchte, nicht von mir kommt, wird es wohl noch länger dauern, bis er überhaupt getan wird. Aber ich freue mich darauf, ihn bald zu tun.
Und wenn ich dann endlich einmal die Filter gefunden habe und mir mit einer waghalsig zusammengeschusterten Kaffemaschinenimprovisation meinen ersten Kaffe gemacht habe in Lietuva, dann kann es losgehen.
Būk sveikas! Prost!
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