Party ohne Ende....
Sziá,
Sziá,
ich bin’s mal wieder.
Dieses Wochenende war ja echt eine Menge los hier. Wir sind nach Osztopan gefahren, um dort richtig Party zu machen, haben wir zumindest gedacht und so hieß es auch in der Einladung.
Die Zugfahrt dorthin ist schon alleine eine lange Geschichte: Wir haben uns um 16:15 am Bahnhof getroffen, wobei alle Deutschen aus Pecs bereits um 16 Uhr da waren, wer zu spät kam, war unsere Französin. Na ja, da bestätigte sich das Klischee der pünktlichen Deutschen mal wieder total. Egal. Nachdem wir dann unsere Tickets gekauft haben, was gar nicht so einfach war, denn Osztopan ist ein winzig keiner Ort und der Bahnhof mindestens genauso klein, dass uns die liebe Dame am Ticketschalter doch echt erklären wollte, dass es diesen Ort nicht gibt.. egal, nachdem wir die Tickets also in der Tasche hatten, ging’s in den Zug, der so voll war, dass wir auf dem Gang stehen mussten. Das war schon recht lustig, denn die Leute glaubten tatsächlich, dass es noch Plätze gibt und sind mindestens drei mal durch den Zug gewandert, natürlich mit Gepäck und die Gänge sind auch nicht unbedingt groß. Wir sind aber gut angekommen und wurden am Bahnhof auch gleich von einer Truppe Freiwilliger in Empfang genommen.
Dann haben sich ungefähr 10 Leute in einen Jeep gequetscht, drunter drüber, das ging schon irgendwie, ihr glaubt nicht, wie groß so ein Jeep sein kann. Erlöst wurden wir, als wir an einem alten Schloss ankamen, wo wir die Nacht verbringen sollten. Hier ging dann das große Essen, Trinken und Quatschen los. War superschön und ich habe feststellen müssen, dass wir es mit unserer Arbeit und mit unserer Wohnung echt supergut getroffen haben....
Dann haben sich die Organisatoren doch gedacht, dass wir uns mal ein bisschen gruseln können und haben uns in den Keller des Schosses geführt und die Kerzen ausgeblasen. Das war dann ganz schön duster, und so manch einer, der etwas viel getrunken hatte, hat die Orientierung und auch die Beherrschung über seinen Magen verloren, aber jeder muss halt das machen, was er braucht...
Recht spät ging es dann auch ins Bett und am nächsten Morgen wurden wir ziemlich früh sehr unsanft geweckt. Nach dem Frühstück ging’s dann los, wandern.... Der Plan war, dass wir zu einem anderen Haus wandern, wo wir dann die nächste Nacht bleiben konnten. Los ging’s... nicht etwa auf Wanderwegen, nein, quer durch die Puszta. Da trafen wir dann auch Schäfer und deren Schafe. Einfach so... das war schon echt cool und wahrscheinlich typisch ungarisch. Die Schafe bekundeten auch sehr großes Interesse an Ausländern, die riechen und schmecken so anders. Nachdem wir uns von den Schafen - im wahrsten sinne des Wortes - losreißen konnten, ging’s in den Wald. Dort liefen wir und liefen wir und es schien kein Ende zu nehmen. Um 7 Uhr abends, nach knapp sechseinhalb Stunden wandern kamen wir dann an unserem Haus an. Das stand auf einer kleinen Lichtung und sah echt süß aus. Was wir allerdings erst später feststellten war, dass es wirklich süß war: Es hatte nur einen Raum, keine Toilette, kein fließendes Wasser und natürlich auch keine Dusche. Eigentlich gab es schon eine Dusche, aber die war unter freiem Himmel und das Regenwasser, welches in einem Behälter gesammelt wurde, sollte durch die Sonne erwärmt werden. Das Wetter war nur nicht so warm, dass ich mich mitten auf der Lichtung unter einem Schlauch duschen wollte. Da kann ich auch gut bis zu Hause warten. Als Toilette diente uns der Wald rings um die Lichtung herum.
Dann ging’s zum nächsten Brunnen, um erstmal Wasser zum Kochen zu holen, denn der Plan war, Gulyas zu machen. Gulyas ist typisch ungarisches Gulasch, dass nicht wie in Deutschland ragoutähnlich ist, sondern eine deftige Fleischsuppe, die selbstverständlich über unserem Lagerfeuer gemacht wurde. War super lecker.
Spät nachts sollte es dann auch soweit sein, dass wir ins Bett wollten. Nur wohin, ein kleiner Raum ohne Betten für knapp 20 Leute. Also lagen wir wie die Sardinen auf dem Boden. War nicht sonderlich bequem, aber wir waren müde genug um auch irgendwann einzuschlafen. Um 8 war allerdings die Nacht schon wieder zu Ende, weil einige so laut Schnarchten, dass an Schlaf nicht mehr zu denken war.
Frühstück, was aus Weißbrot und Gulyasresten bestand, gab es unter freiem Himmel, aber das war auch gut möglich, weil die Sonne schien und unsere Laune merklich stieg, dann war allerdings Zeit „Auf Wiedersehen“ zu sagen, aber die meisten Leute werde ich schon nächstes Wochenende in Hollokõ wieder sehen, denn dort wird unser Arrival-Training stattfinden. Da freu ich mich jetzt schon drauf.
Überhaupt war dieses Wochenende eine gute Möglichkeit Freiwillige aus ganz Ungarn kennen zu lernen und Pläne zu machen, sich zu besuchen, sodass man recht viel von Ungarn sehen kann.
Heute - am Montag - ging’s wieder auf Arbeit, die langsam auch zum Alltag wird. Wir mussten allerdings etwas früher los, weil der Sprachkurs auf uns wartete. Auf dem Weg dorthin müssen wir durch eine Häusergegend. Hier in Ungarn hat jeder Hausbesitzer auch mindestens einen Hund, der ordentlich Krach machen kann. Gott sei Dank ist immer der Zaun zwischen uns und dem Hund gewesen.
Das dachte sich Juliane auch und ging etwas näher ran und streckte dem Hund die Zunge raus: Ätsch, du kriegst mich nicht!!! Das fand der süße Hund nicht so lustig und fand ein kleines Loch im Zaun, wo sein Kopf durchpasste. Ihr glaubt gar nicht, wie schnell Jule manchmal springen kann. War schon gut lustig...
Heute waren wir dann noch auf der Post. Das ist auch ein Erlebnis für sich, denn man muss eine Nummer ziehen, wie in Deutschland auf irgendwelchen Ämtern. Nur muss man die Nummer für das ziehen, was man auch haben möchte. Zum Beispiel gibt es für Pakete eine andere Nummer wie für Briefe. Das wusste ich dann aber auch erst hinterher. Ich hab aber meine Briefmarken bekommen und das nächste Mal weiß ich, wo ich welche Nummer ziehen muss, um mich nicht drei Mal anstellen zu müssen.
Ansonsten geht es mir wirklich gut. Ich habe noch ein paar Probleme, mich an das ungarische Essen zu gewöhnen. Das Leitungswasser ist hier auch gechlort, sodass alles etwas anders schmeckt, aber das wird schon werden. Auch der Sprachkurs kommt gut voran und ich lerne jeden Tag etwas mehr dazu.
Die Arbeit macht mir weiterhin super viel Spaß, denn ich kann meinen Ideen freien lauf lassen. Auch die Behinderten haben sich an mich gewöhnt und endlich kann ich auch alle Namen, denn das war nicht so einfach, weil am Anfang alle ungarischen Namen gleich geklungen haben.
Rita hängt mir weiterhin am Rockzipfel und verfolgt mich den ganzen Tag. Jeden Tag setzt sie sich neben mich und hält meine Hand. Das gleiche passiert beim Essen und fast immer. Das ist schon ganz schön anstrengend und eigentlich hab ich mich viel ungeduldiger eingeschätzt, aber ich krieg das ganz gut hin und hab - bis jetzt zumindest - kein Problem damit. Glücklicherweise arbeitet sie auch in der Holzwerkstatt, so dass sie wenigstens für ein paar Stunden beschäftigt ist und ich zur Abwechslung auch beide Hände zum Arbeiten benutzen kann. Das ist schon ganz hilfreich.
Ansonsten sitzen viele der Behinderten den ganzen Tag rum und machen nichts, was ich nicht so wirklich ok finde, aber es wird auch wenig dagegen unternommen und wenn die Behinderten sagen, sie wollen nicht, dann werden sie halt gelassen und die Betreuer machen die Arbeit. Wir haben uns dann gedacht, dass zumindest kleine Arbeiten von ihnen übernommen werden können und das klappt auch ganz gut. Sie sind echt dankbar, wenn sie was machen können, obwohl sie eigentlich gar keine Lust hatten und freuen sich, wenn auch was dabei rauskommt. Für uns ist das manchmal doppelte Arbeit, weil z.B. Sachen die ausgeschnitten werden müssen nicht richtig ausgeschnitten sind und wir das noch mal machen müssen, aber wir finden, dass das den Sinn eher erfüllt, als dass wir die ganze Arbeit machen. Da muss man sich dann halt durchsetzen. Bei manchen entdeckt man dann auch kleine Talente. Anita zum Beispiel wollte nie Teppiche knüpfen, als ich es dann mit ihr zusammen gemacht habe und sie es verstanden hatte, machte sie das ganz alleine und wirklich gut. Mittlerweile muss man sie vom Teppich wegzerren, damit sie überhaupt mal was anderes macht, oder zum Essen kommt. Also wieder ein kleines Erfolgserlebnis, von denen es hoffentlich noch mehr geben wird.
Das war’s jetzt auch erstmal von mir. Bis bald.
Love Julia