Pécs - Kulturhauptstadt mit Zahnspange
Viele Wege führen durch Pécs. Das Problem: Sie ändern sich ständig! Grey kämpft sich durch die ungarische Kulturhauptstadt und versucht, trotz der ständig neuen Baustellen die Orientierung zu bewahren.
Zwei Mal führte mich mein Weg nun bereits nach Pécs, Fünfkirchen, Sopianae, von den alten Römern getauft. Eine merkwürdige Stadt.
Eine Stadt in der sich Moscheen und arabische Schriftzeichen mit Kirchen und frühchristlichen Friedhöfen mischen. Eine Stadt, in der, unbeobachtet von der Welt da draußen, preußische Flaggen an Wohnzimmerwände in deutschen Studentenverbindungswohnzimmern gepinselt werden können.
An der Ecke, schräg gegenüber der großen Moschee im Zentrum der Stadt, steht ein McDonalds. Ein paar Häuser weiter werden im Eggzo-Teehaus im Angesicht Buddhas Milchmixgetränke in modernen schlanken, großen Gläsern serviert. Unweit entfernt ragt ein riesiges Einkaufszentrum in die Höhe, das weiß Gott das Potential hat, um sich darin zu verlaufen.
Nicht nur das Ding ragt in die Höhe, sondern auch die dortigen Preise. Wer es preisgünstiger mag, der ersteht in einem der unzähligen Secondhandläden eine Jeans für 600 Forint, knapp 2.40 Euro.
Die europäische Kulturhauptstadt könnte so schön sein. Gäbe es da nicht ein Problem. Baustellen. Über- und überall. Baustellen, die ständig umstrukturiert werden. Da kann es sein, dass man am Morgen noch den Weg vorbei an der Apotheke hat nehmen müssen – nur um dann am Mittag festzustellen, dass diese Route jetzt durch Absperrzäune nicht mehr begehbar ist.
Das bringt manch ungarisches Gemüt in Wallung, dass sich dann lautstark über die ganze Länge der Straße hinweg mit Kraftausdrücken in heißen, zornigen Wellen ergießt, das einem die Ohren klingeln.
Wenn man dann verwundert fragt: "Ja, wie denn... Pécs ist doch die Kulturhauptstadt... Ist doch schon März. Da sollte doch eigentlich schon alles fertig sein", bekommt man meistens die Antwort: "Zu spät angefangen"... Ein bisschen kommt mir das so vor, wie mit meiner Zahnspange. Mächtig viel Draht. Große Baustelle – nur leider zu früh angefangen.