Ne govorim srbski! Kada ääähh Vranje???
Die ersten Serbisch-Brocken und eine schöne Ankunft in Serbien.
Der Tag der Abreise war nun endlich gekommen und ich... war so überhaupt nicht aufgeregt. Sollte ich mich darüber wundern? Nö, ich genoss dann lieber die letzten Stunden mit meinen Freunden. Es wurde noch mal bis in die Nacht hineingetanzt und gelacht. "Oh, schon so spät? Ich muss jetzt nach Hause und meinen Rucksack holen. Mein Bus fährt in zwei Stunden. Machts gut!" Komisches Gefühl. Einige meiner Freunde wollten mich unbedingt noch, trotz Torkelgangs aufgrund der vielen Biere zum Bus begleiten. Aha, das sollte nun also doch noch voll das emotionale Ding werden. Ob ich nun endlich auch mal weinen muss?? Schließlich ist ein Jahr doch eine lange Zeit. Nix. Nur ein schweres Herz, aber keine Träne. Die kommt dann aber doch noch. Am Flughafen. Check in geht schnell und unkompliziert. Mein Herz klopft. Ich steig in den Flieger nach Belgrad und mein Herz wiegt noch einmal 20 Pfund mehr. Das wars jetzt also mit Germany. Erleichterung, Ungewissheit und Schmerz zugleich. Das Gefühl ist unbeschreiblich.
In Belgrad erklären sich Sara und Marco, auch zwei Freiwillige vom Centar E8 in Belgrad bereit, mich vom Flughafen zum Bus zu bringen, der mich dann zum Endziel transportieren sollte. Superfreundlich und aufgeschlossen gaben sie mir eine kleine Einführung für Serbien und Belgrad und meinen ersten plescavica.
Meine Angst, dass ich ins absolute Nichts reiste, verschwand während der Erzählungen langsam. "Achso, die haben da also auch richtige Geschäfte? Das ist ja super! Ich dachte schon. Und Minen gibt's da auch nicht? Da bin ich erleichtert! Ich hab da sowas gehört..."
Mein Bus nach Vranje war wohl der Langsamste, den man nehmen konnte, weil er in jeder Stadt hielt. Vermutungen über die Fahrtzeit von vier Stunden lösten sich langsam in pure Verzweiflung auf. "Oh Mist, ich habe doch die Station verpasst." Mit meinen Serbischbrocken aus meinem kleinen Wörterbuch versuchte ich der Frau neben mir, die Info über die Ankunftszeit in Vranje abzuluchsen. "Äh kada... Vranje??" Große Augen blickten mich an. "VRANJE??" Oh oh, ich nahm an, doch die Station verpasst zu haben. "Osam" (und acht gezeigte Finger zur Sicherheit) war dann die Antwort, die mich glücklich stimmte.
Empfangen wurde ich von der sehr netten Bojana, die schon in der Vorbereitung viel Unterstützung angeboten hatte. Sie ist sozusagen meine Chefin für das nächste Jahr. Die nächste Woche würde ich erstmal im Büro schlafen, was sich als nicht so übel herausstellt, da alles (+großes Bett und Balkon) vorhanden ist, was man zum Wohlfühlen braucht. Das Haus wird auch liebevoll "brod" genannt, das "Schiff". Ihr werdet sicher bald sehen, warum.
Die Ortschaft Vranje mit seinen 50.000 Einwohnern stellte sich übrigens als unglaublich lebendige Stadt heraus, wo das Wuseln auf den Straßen am Abend seinen Höhepunkt erreicht. Man fühlt sich fast wie am Meer, nur eben ohne Wasser. Es gibt so unglaublich viele Bars, dass man nur aus der Tür rausfällt und schon in der nächsten mit Livemusik beschallten Schickikneipe sitzt. Die Wochenendmusik aus der Bar unter dem Büro trifft nicht ganz meinen Geschmack und hätte wohl eher einen Hansi Hinterseeeeher glücklich gemacht, aber darüber werde ich mich die nächsten Monate wohl noch genug beschweren dürfen. Die Menschen machen sich zum Ausgehen sehr schick. Meine Befürchtung, hier in meiner westeuropäischen Kleidung aufzufallen, löste sich auf in einem totalen Gefühl der Underdressnes.
Zack, einen Tag in Vranje und schon traf ich die erste Deutschsprachige, Naca. Mit ihr zusammen habe ich nun endlich die schon oft im Internet erwähnte "Belo Most" sehen dürfen, von der sich zur Zeit der türkischen Besetzung zwei ungleiche Liebende aufgrund der Chancenlosigkeit ihrer Beziehung (serbisch-türkisch) in die Tiefe (ca. 5m) gestürzt haben sollen. Über den Wahrheitsgrad lässt sich sicher diskutieren. Roma sind in Vranje übrigens entgegen meiner Vermutung mittlerweile sehr gut integriert. Das liegt unter anderen an der jüngst gewonnenen Weltoffenheit der Bewohner.
Es wirkt alles ziemlich harmonisch und schön in dem Städtchen. Ich denke, ich werde mich hier sehr wohlfühlen. Ein eventueller Plan, irgendwann komplett fleischfrei zu leben, werde ich wohl fürs nächste Jahr begraben dürfen. Ich sage nur: pleskavica. Viel mehr hat die serbische Küche wohl leider vorerst nicht zu bieten. Das Brot wird voraussichtlich bald selbst gebacken. Denn ein Jahr, und ich, komplett gefüllt mit Toastbrot stellt für mich keine ernstzunehmende Alternative dar.
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