Mein Europa

Europa. Was ist das?
Wikipedia beschreibt Europa als wesentliches Fünftel der eurasischen Landmasse. Als Subkontinent Eurasiens, der aber aufgrund kultureller und historischer Hintergründe meist als eigenständiger Kontinent betrachtet wird. Aber reicht mir das? Weiß ich nun, was Europa ist und könnte und wollte ich behaupten, dass ich Europäer bin, nur weil ich auf ebendiesem Fünftel Eurasiens lebe?

Während meines Austauschjahres in Litauen ist mir besonders deutlich geworden, wie wichtig kulturelle Annäherung ist. Zum einen dient sie der Völkerverständigung im Allgemeinen, wenn Menschen unterschiedlicher Kulturen sich füreinander interessieren und voneinander lernen. Außerdem wurde in meinem Fall das Verständnis meiner eigenen, der deutschen Kultur, gefördert, indem ich verglich und lernte, mit anderen Augen zu sehen.

Doch leicht fiel mir dieser Austausch nicht immer. Vor allem anfangs, kurz nach meiner Entscheidung nach Litauen zu gehen, strömten mir viel Unverständnis und Vorurteile entgegen. Viele in meinem Umfeld konnten meine Entscheidung nicht verstehen und waren vollkommen voreingenommen von allen Ländern östlich Deutschlands und darin sehe ich ein großes Problem: In Europa herrscht Ungleichheit, da es so etwas wie ein Ost-West-Gefälle gibt.

Ich denke, dies ist ein Punkt, an dem auf jeden Fall gearbeitet werden muss. Vorurteile müssen abgebaut und kulturelles Verständnis muss gefördert werden, damit es auch im politischen Bereich voran geht. So überzogen es sich auch anhören mag, so sicher bin ich mir trotzdem: Die Toleranz anderer Kulturen ist ein Grundstein für Weltfrieden und enger Kontakt die Voraussetzung für eine Einheit, die geschaffen werden kann - eine wirtschaftliche, politische, aber auch mentale Einheit.

Während meiner Auslandsaufenthalte in mehreren Ländern Europas ist mir klar geworden, dass innerhalb dieses Kontinents viele Gemeinsamkeiten vorhanden sind, die man erst bei genauerem Hinsehen erkennt. Ich bin nun aufgeschlossener allem Neuen gegenüber und bin in der Lage, Dinge differenziert zu betrachten und ich kann sagen: Ja, ich bin ein Europäer. Nicht etwa, weil ich in Europa lebe, nein. Sondern weil ich verschiedene Kulturen verinnerlicht habe, weil ich von mir selbst behaupten kann, tolerant zu sein und weil ich, anstatt mich von Klischees leiten zu lassen, lieber offen für Neues bin.
Deshalb wünsche ich mir, dass mehr Leute andere Länder und Kulturen achten und tolerieren, denn dann können wir aufrichtig behaupten, wir seien echte Europäer.

Einige europäische Länder davon auszuschließen oder zu vernachlässigen, wäre nicht richtig. Denn Europa ist und bleibt ein großes Ganzes, bestehend aus allen Ländern und Kulturen, die im besagten wesentlichen Fünftel liegen. Nur wirklich alle kleinen Teile zusammen bilden die Einheit, die Europa heißt.

Aus diesem Grund wäre es auch nicht richtig zu behaupten, einzelne Länder und Kulturen seien gar nicht mehr von Bedeutung und Europa solle lieber eins werden, ohne Grenzen und Trennungen. Die kulturellen Charakteristika der einzelnen Staaten müssen, meine ich, unbedingt gewahrt werden. Denn genauso wie bei den Sprachen wäre es ein unvergleichlicher Verlust, sie zu vereinheitlichen. Dies würde ein Aussterben der Kulturen nach sich ziehen und damit ein Aussterben der Teile, die unserem Kontinent ein vielfältiges und interessantes Gesicht verleihen.

Denn genau das ist es, worauf ich stolz bin: Ich bin stolz, ein Teil des großen Ganzen zu sein. Ein Teil von Europa, das vielfältig und kulturoffen ist, eine Einheit und doch individuell.

Darüber hinaus sind Kontakte und Kooperation innerhalb Europas besonders im Zuge der Globalisierung unerlässlich und von großer Wichtigkeit. Europa bedeutet für unsere Generation nicht mehr Kriege um Grenzen, sondern internationale Zusammenarbeit und Zusammenhalt. Es bedeutet, über den Tellerrand hinauszuschauen, Kontakte zu knüpfen, sich auszutauschen und sich als Teil eines größeren Ganzen zu verstehen. Das ist Europa.