Hilfe – Stoppt meine Transformation...
Meine Woche als Animateurin mit Geweih und grünen Haaren umgeben von Kindern, die um alles in der Welt draußen Hütten bauen wollen
Sonntag, 25.10.2015
Heute ist ein kollektiver Nichts-tun-und-ausruhen-Tag angesagt. Die nächste Woche wird anstrengend genug werden. Eigentlich will ich die ganzen Lieder und Spiele, die ich beim BAFA kennen gelernt habe, verschriftlichen. Ich kann mich dazu aber nicht aufraffen.
Nachmittags gehe ich eine Runde raus und genieße die Aussicht. Die Blätter sind mittlerweile alle tief orange.
Ich versuche Einkaufen zu fahren, scheitre aber daran, dass mein Fahrrad einen Platten hat und mir die Motivation fehlt ihn zu flicken.
Montag, 26.10.2015
Unser Chef sammelt M. Und mich heute um zehn vor sieben ein, denn heute beginnt die Ferienbetreuung. Zumindest für uns. Eigentlich sind hier bereits seit einer Woche Ferien. Da wir letzte Woche aber auf dem BAFA-Seminar waren, ist es für uns die aller erste Woche Ferienbetreuung. Offiziell müssen wir diese Woche 45 Stunden arbeiten. Das ist beinahe doppelt so viel wie sonst. Ich bin gespannt, wie ich damit so klar komme.
Im Centre angekommen steht zunächst eine kurze Teambesprechung an. Allerdings fällt sie wirklich sehr kurz aus, da um Viertel nach sieben bereits die ersten Kinder eintreffen. Mit einem großen Schrecken stellen M. Und ich fest, dass programmtechnisch noch gar nichts geplant ist. Vor unserer Abreise zum BAFA-Seminar hatte unser Chef groß angekündigt, dass alles schon geplant sei, wenn wir wieder zurück kommen. Tja, dass müssen wir dann wohl noch einmal etwas üben.
Jedenfalls leiern wir uns in der Halbenstunde, die wir zusammen sitzen, ein Programm und eine Rahmenhandlung aus den Fingern. Bezüglich des Programms ist es wichtig, dass wir etwas machen, das mit Chemie zu tun hat. Wer auf diese Idee gekommen ist, wüsste ich gerne. Es ist nämlich schier unmöglich ein langes Programm mit Experimenten mit Kindern zu machen. Aber irgendwie müssen wir uns arrangieren. Die gesamte Woche sollen wir Aktivitäten anbieten, die etwas mit Chemie zu tun haben. Und dann gibt es da noch die „Geschichte“. In jeder Ferienwoche wird eine Geschichte kreiert, die als roter Faden dient. Zudem fördert sie die Kreativität, Vorstellungskraft und Fantasie der Kinder. Unsere müden Gehirne bringen die Geschichte hervor, dass wir alle Wissenschaftler sind, die die Formel gegen ihre Transformation verloren haben. Die Kinder sollen die Woche über Papiere mit besagter Formel finden, sodass wir uns wieder zurück verwandeln können.
Dann teilen wir die Teams ein. M. Ist mit zwei anderen Animateuren bei den Kleinen eingeteilt, ich bin mit (einem anderen) M. Bei den Mittleren und G. Ist bei den Großen. Ich bin froh, dass ich die ersten zwei Tage mit M. Zusammen arbeite. Er hat nämlich bereits Ferienbetreuung gemacht und weiß wie der Hase im Centre läuft. Leider ist er ab Mittwoch nicht mehr da. Aber bis dahin bleibt ja noch ein bisschen Zeit.
Gemeinsam machen wir einen kurzen Schlachtplan für heute. Dann bereiten wir unseren Raum vor und empfangen die ersten Kinder. Die Gruppe, die wir betreuen, bleibt von der Besetzung eigentlich die ganze Woche über wie heute. Ab und an sind mal ein paar Kinder nicht da, aber im Großen und Ganzen sind wir immer um die 10 Kinder.
Als Einführung machen wir mit allen Kindern eine kurze Versammlung, erklären unsere Geschichte und stellen uns vor. Danach geht es an die Vorstellung innerhalb der Gruppen. Nachdem M. Und ich ein Kennlernspiel mit unseren Kindern gemacht haben, tun wir uns mit G. Zusammen und spielen „Lucky Luck“. Das Spiel ist das Highlight bei den Kindern. Und so kommt es, dass wir es bis zum Mittagessen spielen.
Besagtes Essen verläuft sehr zäh. Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass wir in den Ferien genug Zeit haben und darum die Kinder sich selber austeilen dürfen um die Eigenständigkeit der Kinder zu fördern. In der Teambesprechung, die wir am Abend haben, werden wir aber ziemlich direkt darauf hingewiesen, dass das Essen auf keinen Fall (!) 1,5 Stunden dauern darf. Heißt für uns, dass wir die Kinder nicht austeilen lassen. Das finde ich eigentlich ziemlich schade. Besonders, wenn plötzlich Kinder beim Austeilen helfen wollen, die sonst nie einen Finger rühren. Diese Hilfsbereitschaft muss man doch fördern...
Alle Kinder sitzen einigermaßen ruhig an den Gruppentischen. Dann passiert etwas Unerwartes: Plötzlich tauchen in der Kantine, in der wir essen, ca. fünf junge Menschen auf. Einfach so aus dem Nichts. Wobei, eigentlich befinden sie sich die ganze Zeit draußen, vor den Fenstern der Kantine. Als L., G. Und M. Die Neuankömmlinge erblicken, lassen sie alles stehen und liegen und rennen wir von der Tarantel gestochen nach draußen. Draußen folgt dann eine große, stürmische Begrüßung. M. (diesmal mein Mitfreiwilliger) und ich sitzen zwischen quengelnden Kindern und schauen uns verständnislos an. Wer ist das denn nun schon wieder? Ich tippe stark auf andere Animateure. Und ich soll Recht haben. Es stellt sich heraus, dass dies die Animateure aus den Sommerferien oder der ersten Herbstferienwoche sind. Warum sie dann auch noch in ihrer Freizeit ins Centre kommen, verstehen M. Und ich vorerst aber nicht. Scheinbar macht ihnen die Arbeit soviel Spaß.
Nachmittags folgt zunächst die obligatorische „temp calme“, in welcher sich die Kinder ruhig beschäftigen (sollen). Das klappt bei einigen mehr, bei anderen weniger (Eine zusätzliche Schwierigkeit besteht darin, dass die alten Animateure immer mal wieder hier und da vorbeischauen. Ich habe das Gefühl, dass das nicht unbedingt dazu beiträgt, dass eine Ruhephase entsteht. Aber ich halte mich mal zurück etwas zu sagen. Schließlich ist das erst mein erster Tag.) Parallel wechseln sich M. Und ich ab mit Pause machen. Die Tage sind anstrengend, keine Frage. Aber das Pausemachen ist besonders am ersten Tag ziemlich langweilig, sodass ich nicht so viel Pause mache.
Nachdem wir mit den Kindern noch ein paar Experimente gemacht haben, gibt es den obligatorischen Goûter. Wer kommt auf die Idee Nutellabaguettes als Snack anzukündigen? An sich eine schöne Idee, die vor allem viele Kinder sehr glücklich macht. Der Haken daran ist allerdings, dass auch jemand besagten Snack vorbereiten muss. Und mit den ganz Kleinen Nutellabaguette zu essen ist auch nicht die allerbeste Idee. Der blaue Boden ist danach etwas braun gesprenkelt.
Anschließend räumen wir Animateure auf, spülen die Becher, putzen den Boden und machen die Kleinen soweit sauber, dass ihre Eltern nicht der Schlag trifft, wenn sie zum Abholen kommen.
Besonders der Zeitpunkt, an dem sich das Feld langsam lichtet und man ein bisschen mehr Zeit mit den einzelnen Kindern verbringt, ist schön. Zudem bekommt man die Chance die Eltern etwas näher kennen zu lernen. Natürlich gibt es viele, die mit dem Kopf noch auf der Arbeit sind, kurz ihre Kinder einsammeln und weg sind. Aber es gibt auch Eltern, die sich die Zeit nehmen sich mit dem Ort auseinander zu setzen, an dem ihr Kind die Ferien verbringt.
Abends falle ich ins Bett. Denn nachdem gegen halb sieben die letzten Kinder eingesammelt wurden, ist für uns der Tag noch nicht vorbei. Wir haben die Teambesprechung zur Planung der Woche. Sonderlich produktiv ist sie allerdings nicht, da ab einem gewissen Zeitpunkt plötzlich beschlossen wird, dass wir ja schon genug gemacht hätten (Zumindest schließe ich das aus der Tatsache, dass sich plötzlich mit Baguette und Käse beschmissen wird. Und das ist nicht übertrieben! M. Und ich glauben, dass wir im falschen Film sind.).
Nach dieser Teambeschmeißung erscheinen plötzlich wieder die Ex-Animateure und beschließen voller Motivation mit noch ein paar vom Team etwas zu machen. Das „etwas machen“ stellt sich schnell als McDonalds-Invasion heraus und erklärt die vielen Verpackungen, die ich in meinem Zimmer gefunden habe.
Da ich aber erstens besagte Fastfoodkette nicht unterstützen möchte und zweitens total müde bin, fahren M. Und ich nach Hause. Spät genug ist es auch ohne den McDonalds (der hier übrigens als „Macdo“ abgekürzt wird. Zunächst dachte ich, dass sich hinter dem Wort etwas verbirgt, was mit Mazedonien zu tun hat). Zu Hause fällt mir ein, dass ich ja eigentlich einkaufen gehen wollte. Dazu ist es aber schon zu spät...
Dienstag, 27.10.2015
Das Aufstehen fällt mir gar nicht so schwer wie gedacht. Durch das BAFA-Seminar bin ich ja auch ganz gut an kurze Schlafphasen und frühes Aufstehen gewöhnt.
Heute Morgen sind M. Und ich in die frühe Schicht eingeteilt, was bedeutet, dass wir um kurz nach sieben im Centre aufkreuzen. Als wir dort ankommen, befinden sich dort bereits zwei Kinder, jedoch sonst noch niemand aus dem Team. M. (sie habe ich gestern das erste Mal getroffen), die mit L. die Leitung der Ferienbetreuung inne hat, kommt zehn Minuten später. Naja, mit Pünktlichkeit ist das wie gesagt so eine Sache...
Geschwind schmeißen sich M. Und ich in unseren Wissenschaftler-Look. Als uns M. Plötzlich mit einer grünen Haarsträhne entgegen kommt, wird uns beiden bewusst, dass wir eines nicht so ganz verstanden haben: Mit jedem Tag sollen wir uns mehr und mehr in Monster transformieren (Das ist darauf zurück zuführen, dass wir die Gegenformel für die Transformation verloren haben). Schnell greife ich mir einen Katzenschwanz und stecke ihn mir in die eine Gürtelschnalle.
Vielleicht war die Idee mit dem Katzenschwanz nicht die beste Idee. Denn sobald die ersten Kinder bemerken, dass mir plötzlich etwas Puscheliges/Katzenartiges gewachsen ist, wird es zum Highlight daran zu ziehen. Ich ziehe die Rolle, in die ich hinein geraten bin, aber voll durch und versuche den Kindern klar zumachen, dass es mir wehtut, wenn sie daran ziehen. Mir persönlich tut es ja eigentlich nicht weh. Mein Herz hängt aber zu sehr an meiner Hose, als dass ich davon begeistert wäre den Gürtel nicht mehr gescheit benutzen zu können.
Der Tag ist relativ unspektakulär. Wir machen ein paar Experimente und schaffen es innerhalb einer Stunde zu essen. Mittlerweile habe ich alle Namen „meiner“ Kinder im Kasten und es haben sich schon die schwierigen Kandidaten heraus kristallisiert. Mit den Mädels ist es sehr entspannt. Man braucht nur Papier und Buntstifte vor sie stellen und sie sind für zwei Stunden beschäftigt. Mit den drei Jungs ist es aber dann doch etwas schwieriger... Entweder wollen sie lautstarke Autorennen veranstalten oder mit den Plastikpinguinen eine sehr aggressive Art von Kegeln spielen.
Abends kommen mal wieder die Ex-Animateure. Nach einer Stunde Tohuwabohu und endlosen Diskussionen (was man am besten wo und wann machen sollte), die jedoch nicht sonderlich zielführend sind, erbarmt sich K. Und stellt sein Heim zur Verfügung. Bzw. eher seinen Garten.
Nach einer kurzen Beratung rennen plötzlich alle los. Und trotz scheinbarer Besprechung, wissen M. Und ich nicht wo hin. Darum fahren wir K. Und S. Einfach hinterher. K.s spontaner Motorradausflug mit S. (er hat weder Helm, noch Schützer auf bzw. an) endet nach einem „Ralentisseur“ sehr abrupt, sodass K. Erst einmal in der heimischen Küche von uns verarztet wird. Noch sind wir nur zu fünft. K.s Familie beginnt schließlich Abendbrot zu essen und da wir an einem Tisch neben dran sitzen (Nachdem K.s Eltern uns draußen in der Kälte angetroffen hatten, wurden wir kurzer Hand nach drinnen gelotst), stellt uns seine Mutter eine halbe Pizza vor die Nase. Als schließlich die anderen nach und nach eintreffen, ist von der Pizza allerdings nichts mehr übrig. Alle Beweismittel wurden vernichtet.
Als dann das Geheimnis des verschwundenen M.s (Scheinbar hat er sich versteckt, damit man ihn sucht. Es kann aber auch sein, dass etwas anderes war. Ich konnte der Konversation nur teilweise folgen...) geklärt ist und K.s Eltern sich auf M. Und mich gestürzt und über Deutschland ausgequetscht haben (An dieser Stelle sollte das Interesse der Franzosen genannt werden, das auftritt, wenn man sagt, dass man aus Deutschland kommt. Die Fragen von K.s Vater kann ich nur sehr schwierig beantworten, da meine Stimme seit heute Morgen quasi nicht mehr vorhanden ist. M. Übt sich mittlerweile im Lippenlesen. Ich antworte also flüsternd. Das Ganze wird allerdings schwieriger, als auch noch laute – vor allem französische – Lieder angemacht werden) kommt Partystimmung auf. Die ersten beginnen zu tanzen. Es ist jedoch etwas anders als ich es gewohnt bin. Im Wohnzimmer herrscht Festbeleuchtung. Gefühlt jede Lampe ist an. Kann man da nicht ein bisschen was ausmachen, damit man sich nicht so ganz auf dem Präsentierteller fühlt? Nein, kann man nicht. Und dass der Vater von der Seite Fotos macht und ankündigt sie auf seine Facebookseite zu stellen, scheint auch niemanden außer mir zu stören. Nach einer Runde Limbo fällt einigen wieder ein warum wir überhaupt hier sind: Essen. Ja, wie wäre es eigentlich mal damit anzufangen? Wir haben uns auf Pasta geeinigt. Und das Wasser braucht ja auch erst einmal ein bisschen, bis es warm ist. Hach, warum sollte man um zehn denn schon mit dem Kochen anfangen? Weil es ja noch früh am Abend ist, stürmen minütlich Leute raus und rauchen. Generell wird viel geraucht. Aber zum Glück nicht drinnen...
Schließlich erbarmt sich jemand und kümmert sich um die Nudeln. Als besagte Teigwaren fertig sind, kommt die Sprache auf die nicht vorhandene Soße. Herrlich, wenn zwar genug Alkohol, aber kein wirkliches Essen am Start ist. Glücklicherweise sieht K.s Vater in unseren hungrigen Augen, dass die Nudeln mit Soße noch besser schmecken würden und zaubert schwuppdiwupp eine vorzügliche Käsesoße.
Nach dem Essen verstreut sich die Gesellschaft. Sammelpunkt ist die Küchentheke. Ansonsten drücken sich einige (mehr oder weniger am rauchen) im Garten herum. Der ist im Übrigen riesig. Ein bisschen Angst habe ich, dass einer der schon etwas Angetrunkenen in das Schwimmbecken fällt. Aber zum Glück geht alles gut. Nach eingehender Examinierung des Gartens entdecke ich das Trampolin und springe mit F. Und C. Um die Wette.
Wieder drinnen wird der Drang zu singen plötzlich zu groß. Darum packt mein Chef seine Gitarre raus und es wird etwas herum geträllert. Das Geträller klingt aber erstaunlich gut. Auch wenn es sich sehr süß anhört, wenn Franzosen versuchen Englisch zu singen, aber gar nicht verstehen was genau sie gerade singen und darum einige Fehler einbauen. Die Atmosphäre ist entspannt. Der Gesangsstunde kann ich leider nur in pantomimischer Form folgen, da es ja doch ganz gut wäre, meine Stimme für den Rest der Woche wieder zu erlangen.
Irgendwann nach zwölf machen sich M. Und ich als erste auf den Heimweg. Mir ist es ehrlich gesagt ein Rätsel, warum man unter der Woche eine Party feiert, wenn von den Gästen die Hälfte am nächsten Tag wieder um kurz nach sieben anfangen müssen zu arbeiten. Aber gut, jedem das Seine.
Mittwoch, 28.10.2015
Obwohl ich nur sechs Stunden geschlafen habe, geht es mir erstaunlich gut. Was nicht so optimal ist, ist allerdings der Zustand meiner Stimme. Sie ist nämlich immer noch nicht vorhanden. Blöd nur, dass ich heute eigentlich bereits mit den Kindern alleine bin. Im Centre stellt sich dann aber raus, dass mich S. Heute noch unterstützen wird. Das erleichtert mich.
Vormittags spielen wir mit allen Kindern ein großes Spiel. Dabei hat jeder Animateur einen „Stande“, eine Station, an welcher immer eine bestimmte Gruppe von Kindern eine Aufgabe meistern muss. Ich habe die Pantomimestation und flüstre dabei immer einem Kind ein Wort ins Ohr. Diese Kind muss besagtes Wort dann pantomimisch darstellen. Ich bin überrascht wie schwer das manchen Kindern fällt. Letztendlich bekommen die Gruppen einen Schnipsel mit der Gegenformel unserer Transformation. Die Gegenformel hatten wir gestern nämlich vollkommen vergessen...
Ich habe mich heute in ein katzenartiges Etwas mit grünen Haaren verwandelt. Allerdings fällt das Grün nicht ganz so sehr auf. Am Abend stelle ich allerdings fest, dass meine Wissenschaftlerbluse (eigentlich weiß) einen sehr grünen Kragen hat. Das Haarspray färbt scheinbar ab.
Wieder zu Hause machen sich M. Und ich eine sehr improvisierte Pizza. Eigentlich ist es eher ein herzhafter Tartenboden, den wir mit allem was wir da haben belegen. Das endet dann darin, dass M.s Seite vordergründig mit Speck bedeckt ist und meine Hälfte eher an einen wilden Gemüsegarten erinnert. Lecker ist die Pizza trotzdem. Für morgen nehmen ich mir vor endlich einkaufen zu gehen. Mal schauen ob das etwas wird. Vermutlich eher nicht.
Donnerstag, 29.10.2015
Ich starte meinen Tag im Centre mit dem Färben meiner Nase mit blauer Schminke. Auch wenn ich mir selbst noch nicht so ganz sicher bin, was genau ich am Freitag – dem Tag, an dem unsere Transformation beendet ist – darstellen werde. Die Kinder ziehen mir mal wieder begeistert am Katzenschwanz und machen mich darauf aufmerksam, dass ich eine blaue Nase habe. Was?! Nicht wahr... Ich habe eine blaue Nase? Na, da seht ihr mal; ich beginne mich zu verwandeln.
Insbesondere die ganz Kleinen kaufen mir meine Verwandlung tatsächlich ab, was sehr süß ist.
Und obwohl ich nun immer mehr clowneske Züge annehme, klappt der Tag alleine ganz gut. Zwar haben B. Und ich eine etwas größere Meinungsverschiedenheit, die darin endet, dass er sich eine Halbestunde heulend hinter dem Kinderherd versteckt und mich böse anguckt (Ich habe es gewagt die Regel aufzustellen, dass die Kinder nur raus dürfen, wenn sie eine Jacke anhaben. B. War der Erste, der mich gefragt hat ob er raus kann, aber schließlich der Letzte, der nach draußen kam. Und das nur, weil er sich geweigert hat seine Jacke anzuziehen. So ganz habe ich sein Problem nicht verstanden. Alle Kinder hatten ihre Jacken an und haben ihm auch noch einmal erklärt, dass es besser ist die Jacke anzuziehen. Naja, aber wenn er keine Jacke an hat, dann muss er eben drinnen bleiben.)
Nach dem Ausflug nach draußen gibt es auch schon Mittagessen. Hier begehe ich einen Fehler, der mich wachrüttelt. Es gibt Spagetti mit Cabonarasoße. Ich laufe mit beidem zu den Tischen und serviere den Kindern das Essen. Auch C. Ich denke nicht so großartig nach. Bin im Autopilot. Alle beginnen zu essen, ich bringe die Schüsseln zurück Richtung Küche. Da stürzt sich mein Chef auf mich und fragt mich, ob ich C. Von der Soße gegeben habe. Ich antworte ziemlich unbedarft und gleichzeitig unsicher „Ja“. Es stellt sich heraus, dass C. Gar kein Schweinefleisch essen darf. Ich stürze zu ihm. Doch zu spät. Leider hat er schon die Hälfte seines Tellers verputzt... L. Macht mir klar, dass ich das seinen Eltern besser erzählen sollte. Mir sitzt ein Kloß im Hals. Auch auf Deutsch wüsste ich nicht so ganz, mit was für einer Reaktion ich rechnen kann/sollte. Und dann auf Französisch. Aber hej: Irgendwie bekomme ich das schon hin!
Nachmittags will ich mit den Kindern eigentlich einen kleinen Theaterworkshop machen. Dazu haben sie aber herzlich wenig Lust. Viel lieber wollen sie ihre „cabanes“ - Holzhütten im Wald – weiter bauen. Nach einigen erfolglosen Versuchen sie doch zum Theater zu begeistern, gehen wir schließlich ins Wäldchen und die Kinder toben glücklich eine Stunde durch die Gegend. Es ist unglaublich wie sehr sich die Kinder dafür begeistern können eine Stunde lang Stöcke zu sammeln. Ich habe sogar die Ehre in die Mädchenhütte zu dürfen. Wir bekommen die letzten Sonnenstrahlen des Tages ab und kehren zum Goûter schließlich zurück ins Centre. Alles in Allem also ein guter Tag. Und meine Stimme kommt auch immer öfter zum Vorschein.
Auch das Gespräch mit C.s Vater wegen des Fleisches verläuft sehr gut.
Abends müssen wir noch den nächsten Tag vorbereiten. Morgen wollen wir mit den Kindern Halloween zelebrieren. Darum setzten sich M., G. Und ich zusammen und beginnen mit der Planung. Morgens ist M. Schon nach Thonon gefahren, hat sämtliche Geschäfte abgeklappert und gefragt, ob sie an die Kinder die Bonbons vom Centre austeilen könnten. Sechs Geschäfte haben zugestimmt. Und so kommt es, dass wir versuchen kleine Rätsel zu kreieren, deren Lösung der Name des Geschäfts ist, das die Kinder ansteuern sollen. Außerdem teilen wir die Mittleren und Großen bereits in Gruppen ein. Die ganz Kleinen werden mit L., M. Und S. In Noyer/Allinges bleiben und dort in den Geschäften etwas herumspuken.
Nach einer wieder relativ unproduktiven Arbeitsphase sind die Rätsel schließlich fertig geplant und es geht nach Hause. Dort üben sich M. Und ich mal wieder in Gemüsegartenpizza. Heute werde ich aber ganz wagemutig und dekoriere meine Hälfte sogar noch mit einem Spiegelei.
Freitag, 30.10.2015
Der Tag beginnt mit dem morgendlichen Verkleiden. Erst stecke ich mir das Fellbüschel an die Hose, dann färbt M. Mit die Haare grün (die Farbe ist glücklicherweise beim Haarewaschen wieder herausgegangen), ich male mir die Nase blau an und setze mir ein Rentiergeweih auf. Fertig ist die transformierte Form meines Ichs.
Relativ früh kommt der große Bus, der uns am Busbahnhof in Thonon absetzt. Ich bin mit einer Gruppe von fünf Kindern unterwegs. Darunter eine „Reine de neige“ (Eiskönigin aus „Frozen“. Der Film ist hier der Hit und wird von den Kindern geliebt.) und ein Skelett. Sobald die Kinder herausgefunden haben, um welchen Laden es sich handelt, beginnt die Diskussion wer dies Mal nach den Süßigkeiten fragt. Hach, wie gut kann ich mich doch noch daran erinnern, als ich kleiner war. Ich hätte bestimmt genauso versucht mich zu drücken Fremde nach Bonbons zu fragen.
Als wir schließlich alle Bonbons eingesammelt haben und auf dem großen Platz in der Stadtmitte auf unseren Bus warten, kommt ein Journalist auf uns zu. Kompetent, wie wir alle aus sehen (nur zur Erinnerung: mit blauer Nase, grünen Haaren, Supermanmaske, etc.) macht er von uns ein Foto. Ich schreibe hier noch Geschichte und werde berühmt...
Da die Kinder unbedingt wieder zu ihren „cabanes“ wollen, versprechen sie alles zu tun, was ich sage. So brav waren sie lange nicht mehr. Nachdem sogar B. - der Junge, der sich geweigert hat die Jacke draußen anzuziehen... - während des Essens mit einem Hundeblick zu mir kommt und mir versichert, dass er mit allen Kindern gesprochen habe und sie beschlossen haben alle brav zu sein, kann ich nicht anders. Ich schmeiße das Programm über den Haufen und gehe mit den Kindern raus. Wenn die Kinder einen schon anbetteln raus zu dürfen, muss ich davon ja profitieren. Ich finde es gut, wenn die Kinder gerne draußen sind. Das muss ich unterstützen.
Vor dem Goûter verteilen wir noch die Bonbons, die wir heute Morgen ergruselt haben und zerstören die Pinatas, die wir in der Woche gebastelt haben. Sie sind natürlich in Kürbisform. Wobei man bei einigen wirklich nur mit viel Fantasie den Kürbisfaktor erkennen kann.
Als die Kinder abgeholt werden, kommen viele Eltern noch einmal auf mich zu, unterhalten sich mit mir und bedanken sich. Das ist ein schönes Gefühl. Nachdem eine Mutter mir sogar das „Du“ angeboten hat, bin ich glücklich. Die Woche war anstrengend, aber nach und nach ist man in einen Ablauf rein gekommen. Außerdem geben die Kinder einem so viel zurück, dass sich der Aufwand gelohnt hat.
Als alle Kinder verschwunden sind, haben wir noch eine kurze Réunion und besprechen die Woche. Ich erfahre, dass die Woche für M. Und mich bereits als erster Teil unseres Praktikums für das BAFA Zertifikat gilt. Und so schlecht haben wir uns scheinbar auch nicht geschlagen.
Wir erfahren, dass wir eigentlich „Objectifs“ - Ziele, die sich das Centre gegeben hat – haben, die wir die Woche über hätten verfolgen sollen. Blöd nur, wenn man davon erst nach der Woche erfährt. Jedoch waren das meiste sehr selbst verständliche Ziele (Erschaffung eines freundlichen Rahmens, Förderung der Kreativität der Kinder, etc.), sodass die meisten unwissentlich umgesetzt wurden.