Die anstrengendsten Schulferien meines Lebens
Schulferien? Noch vor kurzem bedeuteten Ferien für mich Ausschlafen, einfach mal nichts tun, Freunde treffen und abends das ein oder andere Bier trinken. Arbeitet man aber selbst in einem Jugendzentrum, dann sind Schulferien alles andere als Erholung.
Zum Abschluss des Februars stand für mich also eine Menge auf dem Programm. Bethan, meine Chefin im Jugendzentrum Pen y Dre, hatte irgendwo Zuschüsse für Ferienaktivitäten im vierstelligen Bereich aufgetrieben, sodass den Kids jeden Tag ein abwechslungsreiches Programm geboten werden konnte.
Am Montag ging es noch recht entspannt los. Vormittags stand für die Mädels Zumba auf dem Programm, während sich die Jungs am Pooltisch vergnügen konnten. Weiter ging es am Nachmittag mit einem Theater-Workshop und sportlichen Aktivitäten wie Fußball und Basketball, bevor am Abend dann ein Kinobesuch anstand. Auch wenn mein Arbeitstag erst um 22 Uhr endete, könnte man den Montag noch als angenehmen Start in die Woche bezeichnen.
Auch der Dienstag war noch relativ entspannt, vormittags gab es kein besonderes Programm, wenn man von ein wenig Kochen absieht. Nachmittags ging es mit einem zweiten Theater-Workshop weiter, bevor am Abend ein Pool-Turnier veranstaltet wurde. Ich habe aus Rücksicht auf die Kids natürlich nicht mitgespielt, da ich als Billiardtalent ja sowieso alle in Grund und Boden gespielt hätte - oder so ähnlich...
Der Höhepunkt der Woche - und zugleich mein anstrengendster Arbeitstag überhaupt - stand am Mittwoch an. Es ging mit rund 30 Kids im Alter von 11 - 16 Jahren nach London. Ich glaube, ich muss niemandem erklären, dass 17 Stunden mit einer Gruppe Jugendlicher echt einfach nur anstrengend sind. Die Tatsache, dass wir mit einem Reisebus dreimal quer durch London fuhren und so für wenige Meilen rund 60 Minuten benötigten, machte es nicht unbedingt besser. Aber natürlich kam auch der Spaß nicht zu kurz. Da viele der Kids zum ersten Mal in London waren, konnte ich auch ein wenig Reiseführer spielen. Zudem gab es für mich das London Eye, Madame Tussauds und den London Dungeon for free - normalerweise bezahlt man sich für Londons Touristenattraktionen ja dumm und dämlich.
Eines hat mich dann aber doch ein wenig schockiert: Wie wenig junge Leute hier aus Merthyr über ihre Umgebung und die Welt um sie herum wissen. So ergab sich dann auf der Busfahrt zum Beispiel folgender Dialog zwischen einem der Mädchen (14 oder 15 Jahre alt), meinem Kollegen Kevin und mir:
"Ich überlege gerade...Wo stehen noch mal die Twin Towers?....Cardiff, oder?"
Kevin: "Naja, also erstmal stehen die Twin Towers nicht mehr..."
Ich: "Und zweitens standen die eher so auf der anderen Seite des Atlantiks."
"Achso, also in Frankreich!"
Aber nun gut, dafür bin ich ja auch hier, um den Kids eine etwas andere Perspektive zu bieten und ihnen zu zeigen, dass die Welt durchaus mehr zu bieten hat, als Merthyr Tydfil. Und auch wenn ich die vielen, aus meiner Sicht "merkwürdigen", Fragen mittlerweile gewohnt bin, schockiert es mich dann doch jedes Mal aufs Neue, wie teilweise ungebildet (und damit meine ich nicht "dumm"!) viele Jugendliche hier sind.
Da wir aufgrund einiger Verzögerung und den Orientierungskünsten unserer Busfahrer erst gegen Mitternacht wieder in Merthyr waren, bekam ich dann immerhin den Donnerstag komplett frei und konnte zum Shoppen nach Cardiff fahren. Nachdem unser Essens- und Taschengeld nach langen Verhandlungen schließlich auf £270 erhöht wurde, musste ja auch der Konsum in der walisischen Hauptstadt ein wenig angekurbelt werden...
Zum Abschluss der Woche stand dann am Freitag von 10.30 bis 14.00 rock climbing auf dem Programm. Mit einer rund 20-köpfigen Gruppe ging es also ab ins Kletterzentrum. Und nicht nur die Kids hatten ihren Spass und tobten sich aus - auch ich fand mehr und mehr Gefallen am Klettern und scheiterte dann erst an der letzten Wand, weil dann nach drei Stunden auch irgendwie die Kraft fehlte.
Abends fand dann im Leisure Centre noch das sogenannte "CRASH event" statt. Im Grunde gings dabei um sicheres Fahren. Junge Leute aus den Valleys haben im letzten Jahr in Zusammenarbeit mit der Polizei einen Film gedreht. Dieser handelt von einem jungen Mädchen, dass einen schweren Verkehrsunfall verursacht, weil sie beim Autofahren textet. Dieser Film feierte am Abend des "CRASH events" Premiere und es gab einige andere Aktivitäten rund ums sichere Fahren. Mein persönlicher Favorit war der Fahrsimulator mit "Bierbrille". Ich hab's immerhin 30 Meter weit geschafft.
Alles in allem war die Ferienwoche für mich zwar mit ziemlich viel Arbeit verbunden. Dennoch war es auch eine der bisher interessanten Arbeitswochen.
Im nächsten Eintrag werde ich mich dann noch ein wenig der allgemeinen Situation hier in lovely Merthyr widmen. Dazu steht auch in den nächsten Wochen noch so einiges an, über das es sich zu berichten lohnt. Aber auch dazu mehr im nächsten Eintrag.