Schneewittchen mal anders
Schneewittchens Stiefmutter in der oralen Phase, mein Weg und zum Cowboy und die Fast-Begegnung mit dem Präsidenten
Geh nach Medellin, haben sie gesagt- "Da ist ewiger Frühling". Also entweder haben die Kolumbianer hier ein sehr komisches Bild von Frühling, in dem es nur regnet oder ich hatte irgendwie Pech- die Sonne habe ich jedenfalls nur außerhalb von Medellin gesehen. Bei zukünfitgen Reisetipps werde ich jedenfalls nun vorher das Wetter überprüfen! Nach einer freien Woche hat nun leider wieder die Uni angefangen und ich muss mich entscheiden ob ich das Wetter in Bogotá oder in Medellin schlechter finde.
In meiner Wohnung fühle ich mich nach wie vor sehr wohl, auch wenn ich regelmäßig Panikattacken durchlebe, wenn Felipe/Diego/Santiago (der wahre Name ist mir leider weiterhin unklar) mit seinem Hund redet: Dann verstellt er nämlich seine Stimme so gruselig, dass ich denke ein Psychopath hat es in die Wohnung geschafft und wird uns alle töten. Eigentlich sollte niemand seine Stimme so verändern können, aber nun gut. Meine Dusche und ich werden keine guten Freunde mehr, aber nach drei Tagen in Salento weiß man heißes Wasser sehr zu schätzen. Meine Mitbewohner machen es mir übrigens nicht gerade leicht,kaum habe ich alle Namen gelernt, zieht der erste schon wieder aus. Wer soll denn da den Überlick behalten?
Ich habe übrigens im letzten Blogeintrag etwas sehr wichtiges vergessen: In den Einführungstagen wurden wir auch in erste Schritte des Salsa eingeführt. Ich möchte mich hier noch mal bei meiner Tanzpartnerin entschuldigen (sie kam aus Costa Rica und kann kein Deutsch, aber das ist ja egal), die das große Los- groß nur wegen meiner Körpergröße- gezogen hat mit mir zu tanzen. Auch wenn man das was ich da gemacht habe, nur mit sehr viel Kreativität als tanzen bezeichnen kann. Für Außenstehende muss es wohl nach einem Bandscheibenvorfall ausgesehen haben. Anschließend waren wir zwar alle in einer Bar, aber da habe ich die Glückliche nicht mehr gesehen (die Musik war aber eh so laut, das Gespräche in etwa so abliefen: "Hallo ich bin Florian, woher kommst du?"- "Hallo Tim, ja ich fahre auch gern Fahrrad").
In der Uni werde ich irgendwie für einen Franzosen gehalten, ich habe das mittlerweile akzeptiert. Mein Marketing-Professor befragt mich regelmäßig zur französischen Ökonomie. Das macht aber nix, da ich von der deutschen auch nicht viel mehr Ahnung hätte. Wenn ich doch mal richtigstelle, dass ich aus Deutschland komme, schauen mich die anderen Studenten oft bewundernd an, was für eine niedrige Korruptionsrate wir haben. Ich habe ihnen noch nicht erzählt, dass ich dazu gar nix beitrage, möchte sie nicht enttäuschen. Mein Tischtennistrainer nennt mich immer liebevoll Franzose oder Nicholas, ich kann gar nicht genau sagen, was ich schöner finde. Zudem kann ich mit Freude verkündigen, dass ich die Sigmund Freud Klausur erfolgreich überstanden habe. Trotzdem muss ich sagen, dass ich nun dank Sigmund niemals meinen Kindern später Märchen vorlesen kann, ohne dass mir in Gedanken eine Stimme zuflüstert, dass Schneewittchens Stiefmutter in der oralen Phase feststeckt und Juan aus " Von einem der auszog um das fürchten zu lernen" einen analen Konflikt hat. Danke Freud. Im Spanischkurs komme ich gut mit, aber entweder habe ich das spanische Zahlsystem noch nicht so gut verstanden wie gedacht, oder die Lehrerin denkt wirklich es gibt Billionen Chinesen...
In der oben genannten freien Woche, bereiste ich zunächst das -verregnete- Medellin (nein Pablo Escobar ist da nicht mehr, ich habe geschaut) und das wunderschöne Guatape samt Piedra el Peñol, das mit seinem Felsen und Ausblick auf eine gigantische Ansammlung von Inseln zu den beeindrucksten Dingen gehört die ich bisher gesehen habe. Einziger Wehrmutstropfen war, dass das Hostel auf die glorreiche Idee kam ein Oktoberfest zu veranstalten: Kleiner Tipp- die Musik wird nicht besser, wenn man sie ganz laut aufdreht (auch wenn das Platzen des Trommelfells hier einen angenehmen Nebeneffekt hätte). Anschließend traf ich mich mit der Deutschen Finja, Schweizerin Rebekka und Belgierin/Kongolesin Yolaine in Salento und Manizales, wobei ich erstere beide aus meinem Spanischkurs kannte (auch wenn man sich vielleicht manchmal beim zuhören fragt, wie wir es in den B2 Kurs geschafft haben). In Salento konnten wir eine Kaffeefarm besuchen, im "Valley Cocora" wandern und das Highlight war ein Pferdeausritt in den grün-bergigen Landschaften der Umgebung- ja ich bin jetzt ein Cowboy. Die Tour war "espectacular", ein Wort was unser Führer im Abstand von 3 Minuten wiederholte. Manchmal hatte ich zwar das Gefühl das Pferd mich lieber loswerden will, aber ich konnte es überzeugen, dass wir das ganze doch besser zusammen machen. Mein Pferd hießAgulejos oder so ähnlich, jedenfalls hat es immer lustige Sachen gemacht, wenn ich das gesagt habe (ich hätte Silberstreifen cooler gefunde, aber mich fragt ja niemand). Trotzdem hat nur Rebekka halbherzig mitgesungen, als ich "Biba und Tina auf Amadeus und Sabrina" vor mich hin trällerte. Von Salento aus ging es nach Manizales und in den Nationalpark "Parque de los Nevados". Die Fahrt dorthin ist ... besonders. In einem Jeep fährt man 3 Stunden auf 4100 m Höhe. Aus befestigte Straßen hat man hier eher weniger Wert gelegt, so dass Personen die ihren Kopf an die Scheibe legen, jetzt wahrscheinlich tot wären oder ein 8-faches Schädelhintrauma haben. Beim Aufstieg auf knapp 4900 m bekommt man das schon die Auswirkungen der Höhe zu spüren, die Quote der Leute die sich übergeben haben lag in meiner Gruppe bei tollen 60 %. Immerhin bekamen wir so aber den zum Glück erfolgreichen Heiratsantrag eines Kolumbianers auf dem Gletscher mit- dieser wird übrigens in 7 Jahren nicht mehr da sein (aber dank Donald Trump weiß ich ja dass es gar keinen Klimawandel gibt). Als dann noch ein Erdrutsch und ein umgestürzter Baum die Rückfahrt verzögerten, dachte ich echt jemand will nicht dass ich zurückkehre. In Manizales besuchten wir zudem die Thermalbäder, wo auch der Präsident zufällig dort war. Vergeblich versuchte ich ihn mit meiner wunderschön vorgetragenen Version von "Dear Mr President" herbeizulocken ("Florian du bist echt der schlechteste Sänger, den ich je gehört habe", "Du kannst den Text gar nicht"). Trotzdem frage ich mich ob der übergewichtige Mann im weißen Unterhemd vielleicht doch der Präsident war. Der letzte Tag in Manizales war leider buchstäblich zum Kotzen, weil die bestellte Pizza und mein Magen nicht so gute Freunde wurden -immerhin stieg so die Übergebnsquote in unserer Reisegruppe auf 75 %. Das muss uns erst mal einer nachmachen. Trotzdem war die Reise eine tolle Woche, da ich so weitere tolle Orte in diesem beeindruckenden Land sehen konnte und man wieder einmal die Gastfreundlichkeit und Herzlichkeit der Menschen erleben konnte.
Nächstes Wochende fahren wir dann mit dem Spanischkurs irgendwo hin, ich habe den Ort leider vergessen, aber Überraschungen sind ja toll. Dafür mussten wir auch einen Risikokurs absolvieren, wobei ich kurz Angst hatte, ich hätte für mich für den IS- Befreiungskrieg angemeldet, so ausführlich da auf mögliche Probleme eingegangen wurde. Zudem muss ich bald mal zum Friseur, aber ich habe echt Angst eine Frage falsch zu verstehen und den Laden mit pinken Haaren oder Glatze zu verlassen (das letzte Mal war ich so nervös bei den AFD Wahlergebnissen, Abitur und Führerschein).
Das war es jetzt erst mal mit den Eindrücken aus Kolumbien, falls ihr noch einen Ort zum Reisen sucht, seid ihr hier richtig!! (Nehmt für Medellin 2 Regenjacken mit).
PS: Kleiner Tipp an potentielle Unternehmer in Manizales: Man munkelt, der Mensch braucht noch andere Sachen als Schuhe.
PPS: Das mit den Yogakursen lasse ich sein. Ich werde Schauspieler in Cowboy Filmen.
PPPS: Falls Jemand für seine Coverband einen Sänger für "Dear Mr President" sucht, ich bin bereit.
PPPPS: Bisschen Schleichwerbung für Tom Tailer: Die Schuhe sehen zwar aus als hätte ich sie in braun gekauft, aber man kann mit ihnen wandern, auch wenn man das zunächst nicht glaubt.