Grenzen erfahren und überwinden. Erlebnisse, die uns prägen.
Grenzen… gibt es überhaupt noch Grenzen in Europa? Ist unsere Welt nicht mittlerweile schon so weit geöffnet, wobei eine große Rolle natürlich das Internet spielt, dass es eigentlich keine Grenzen mehr gibt? Wer so etwas denkt, wäre ziemlich naiv.
Grenzen gibt es ja nicht nur zwischen Ländern und der geografischen Lage. Grenzen gibt es auch innerhalb derselben Stadt, sogar desselben Raums. Grenzen bilden schon das eigene Gewissen. Natürlich gibt es ziemlich eindeutige Grenzen, die man ganz einfach sehen kann. Die offensichtlichsten, sind dabei die geschlossenen, noch deutlich abgegrenzten, sichtbaren Grenzen. Doch selbst diese kann man in unserer heutigen Welt meistens mit etwas mehr Einsatz und Anstrengungen, wie zum Beispiel bei der Visabeschaffung überwinden.
Was hat ein EVS mit „Grenzen“ zu tun? Während man seinen Freiwilligendienst in einem anderen Land macht, stößt man auf viele sehr unterschiedliche Grenzen. Manche kommen schon bei der Visabeschaffung, vor ihrem EVS an ihre ersten Grenzen. Bei einigen scheitert es allein schon deswegen in ihr Wunschland zu kommen. Andere spüren diese Grenze nicht, da viele Grenzen innerhalb Europas mittlerweile geöffnet sind, und man mit dem Flugzeug innerhalb von 2 Stunden oftmals schon bequem in ein anderes Land gereist ist. Dort angekommen, kann es aber sein, dass sie dort an die sprachlichen Grenzen kommen, da Englisch nicht überall in Europa von der Mehrheit der Bevölkerung gesprochen wird. Die meisten Freiwilligen haben ja erst in ihrem gastgebenden Land den ersten Sprachkurs. Kommen also ganz ohne Sprachkenntnisse in dieses fremde, ganz neue Land. Nach dem ersten Sprachstunden, wird es einfacher und nach einer gewissen Zeit sind diese Grenzen in der Alltagskommunikation deutlich gemindert, bis sie sogar fast verschwunden sind. Doch man stößt nicht nur auf diese sehr deutlichen Grenzen. Man kommt auch an seine eigenen Grenzen. Einmal, weil man sich ins kalte Wasser geschmissen fühlen kann, da man Arbeit durchführen soll, die für einen schwierig sein können, als Ausländer ohne fließende Sprachkenntnisse. Aber auch, wenn man an Unterschiede in der Arbeitsweise feststellt, die einem nicht immer einleuchten mögen und man sich immer wieder aber damit abfinden muss und einsehen muss, dass man die Leute gerade als Ausländer nicht ändern kann. Natürlich kommt es auch zu Konflikten, bei denen es auch sein kann, dass man an seine Grenzen stößt, aber man auch an kulturelle Grenzen und auf die Mentalität der Menschen bezogene Grenzen stößt. Wenn man zu wenig Kontakt zu den Menschen in dem neuen beziehungsweise anderem Land hat, passiert es auch sehr schnell, dass man sich selbst abgrenzt. Allerdings bleibt man immer in einem internationalen Umfeld, da man meistens dann noch den Kontakt zu den anderen, internationalen Freiwilligen in dem gastgebenden Land hat. Generell öffnet man aber auch durch den Freiwilligendienst viele Grenzen, durch den stetigen und regen Kontakt mit anderen Kulturen und Mentalitäten. Man öffnet Grenzen, indem man bei Vielen Vorurteile abbaut, aber weil man auch selbst die eigenen Vorurteile, die jeder eben hat, abbaut.
Erfahrungen… Jeder wird jetzt natürlich sagen, dass man bei einem Freiwilligendienst im Ausland selbstverständlich viele, ganz unterschiedliche Erfahrungen macht. Erfahrung spiegelt aber eigentlich noch viel mehr als bloß das Erlebte. Generell geht es bei „Erfahrung“ darum etwas herauszufinden. Man sammelt Erfahrungen. Es ist die bei praktischer Arbeit und durch Wiederholen von gewissen Sachen gewonnene Kenntnis. „Erfahrung“ kann allerdings auch die Routine beschreiben. Wir machen deshalb nicht nur am Anfang, wenn wir gerade in dem neuen, fremden Land angekommen sind Erfahrungen, sondern eben auch noch, wenn wir uns in der neuen Umgebung eingelebt haben und in einen gewissen Alltagstrott verfallen sind. Bei seiner Freiwilligenarbeit bringt man auch seine bisherigen, gewonnenen Erfahrungen ein, da diese natürlich die eigene Arbeitsweise prägen und ausmachen. Es gibt also schon bekannte, gewonnene Erfahrungen, die wiederum auch ausmachen, wie unsere neuen Erfahrungen, die wir gewinnen, aussehen. Viele Erfahrungen, die man als Freiwilliger, gerade im Ausland, macht und gewinnt, sind auch stark vom Austausch, auch in kultureller Hinsicht geprägt. Man kriegt mit wie andere Kulturen und Nationalitäten ganz anders arbeiten und mit Problemen umgehen. Außerdem macht man auch nicht nur gute, sondern natürlich auch schlechte Erfahrungen, wobei man aus den schlechten lernt, die guten Erfahrungen, wiederum in guter Erinnerung bleiben. Alle Erfahrungen prägen uns also. Sie alle machen in der Summe unsere Persönlichkeit und Identität aus. Durch diese ganz eigene Persönlichkeit und Identität grenzen wir uns wiederum voneinander ab. Jeder Mensch ist anders.
Grenzerfahrungen… Ein Begriff zusammengesetzt aus „Grenze“ und „Erfahrungen“. Beides und damit alles drei Begriffe, die in starker Verbindung zum EVS stehen. Dabei geht es bei allen drei eigentlich um Erlebnisse. Erlebnisse, die wir so viele, aber auch unterschiedliche, während des Freiwilligendienstes in einem anderen, fremden Land machen. Bei den „Grenzerfahrungen“ handelt es sich dabei ganz speziell, um die Erlebnisse, bei denen unser Körper und unsere Psyche extremen Belastungen ausgesetzt sind. Belastungen, die meistens vor allem durch das Anderssein der Kulturen, Mentalitäten und Identitäten, entstehen und sich bemerkbar machen. Es geht aber auch um die Erlebnisse, bei denen wir unsere psychischen und physischen Grenzen erfahren. Uns also bewusst werden, wo unsere Grenzen liegen. Das wird uns vor allem während eines Aufenthaltes alleine, ganz auf uns allein gestellt, in einem anderen, ganz fremden Land, bewusst. Es ergeben sich regelmäßig immer wieder Probleme, die gelöst werden müssen. Probleme, weil man plötzlich alleine, ganz auf sich gestellt lebt. Probleme, weil man mit ganz fremden, neuen Leuten plötzlich für eine Zeitlang zusammen leben muss. Ohne, dass man vorher irgendetwas über die Mitbewohner weiß. Probleme, weil man eben die Sprache nicht fließend spricht. Aber auch Probleme, weil immer wieder Missverständnisse aufkommen. Oftmals aufgrund kultureller Unterschiede und verschiedener Mentalitäten.
All das macht die Grenzerfahrungen aus, die man, während man in einem fremden Land lebt und arbeitet, täglich erleben kann. Die unser Leben und unsere Persönlichkeit aber nachhaltig prägen. Erfahrungen, die uns niemand nehmen kann.