Welcome to Lithuania
Philipp ist seit sechs Wochen in Litauen. Per Hitch-Hiking bereist er das ganze Land und hat schon viele Städte und Menschen kennengelernt. Eine Menge Spaß darf dabei nicht fehlen.
Hallo erstmal,
ich weiß ja nicht ob ihr' s wusstet, aber ich bin ja jetzt in Litauen! Und zwar seit dem ersten März, heißt also ich hab eine Menge zu erzählen, da das hier mein erster Bericht ist.
Über mich: ich bin (seit neuestem) 20 Jahre alt, komme aus der Nähe von Stuttgart, habe letztes Jahr die Schule beendet und leiste von März bis September 2008 meinen EVS in einem SOS Kinderdorf in Vilnius, der Hauptstadt Litauens. Und jetzt einfach mal der Reihe nach:
Ankunft (1. März 2008):
Meine Anreise nach Litauen war gleich ganz abenteuerlich: Ich wollte per Flugzeug von Stuttgart nach Düsseldorf und von Düsseldorf nach Vilnius fliegen, das lief dann allerdings nicht so wie geplant. Dass ich wohl gar nicht auf der Liste für den Flug war, war noch das geringste Problem, das konnte am Schalter noch geregelt werden. Doch dann ging es los (oder besser: eben nicht!). Da an diesem Tag gerade ein Orkan über ganz Deutschland tobte, waren schon einige Flüge annulliert worden, mein Flug schien jedoch nicht betroffen zu sein (zumindest laut Anzeigetafel).
Als wir dann 45 Minuten nach geplanter Abflugzeit aber immer noch alle am Gate saßen, war es doch langsam komisch. Keine Durchsage, keine Anzeige, kein Flugzeug in Sicht, gar nichts. Irgendwann erschien der Flug dann gar nicht mehr auf der Tafel, vorher war alles planmäßig und dann einfach nichts mehr, kein cancelled, kein sonst was, einfach weg. Wer schlau war, hat dann selbst an einem Computerterminal nachgeschaut, wo alle Flüge noch einmal aufgelistet waren. Da war es dann zu lesen: annulliert! Bis wir dann schließlich informiert wurden, hat es aber noch einige Minuten gedauert.
So war also die Situation: Das Flugzeug, mit dem ich nach Düsseldorf fliegen sollte, sollte zuerst von Berlin nach Stuttgart kommen. Als es landen wollte, war hier aber gerade Sturm, so dass es nach Frankfurt umgeleitet wurde. Danach war in Frankfurt Sturm und es konnte nicht mehr starten. Und schließlich war das Wetter in Stuttgart wieder besser, es war aber keine Maschine da (denn die stand ja in Frankfurt und kam nicht mehr weg). Nachdem es dann irgendwie gelungen war, das Gepäck wieder zu beschaffen, konnte ich schließlich auf einen anderen Flug umbuchen: ein paar Stunden später los und dann von Stuttgart über Kopenhagen nach Vilnius. Das hat dann auch problemlos geklappt und gegen Mitternacht war ich dann schließlich da. Akvile, meine Projektkoordinatorin, hat mich abgeholt und dann ging's per Taxi zum Kinderdorf. Schlüssel zu meiner Wohnung ausgehändigt, Eingangstür gezeigt, das war's. Gute Nacht! Und 13 Stunden später sollte ich in irgendeinem kleinen Dorf nahe Kaunas (zweitgrößte Stadt Litauens), circa 120 Kilometer entfernt, zum On-Arrival-Seminar eintrudeln.
On-Arrival-Training (2.-5. März 2008):
Nach ein paar Stunden Schlaf ging es dann schon wieder los. Alles was ich wusste: Die nächste Bushaltstelle ist 200 Meter vom Kinderdorf entfernt, ich muss irgendwie zum Busbahnhof kommen, dann einen Bus nach Kaunas nehmen und von da aus einen Bus nach Kulautuva. Tja, sehr viele Busse in alle mögliche Richtungen, nur nicht zum Stotis (Bahnhof) und niemand an der Haltestelle, der Englisch sprach. Ich bin dann schließlich in einem Bus zum Stadtrand in entgegensetzter Richtung gelandet und musste an der letzten Haltestelle aussteigen.
Zum Glück fuhr von da aus dann aber ein Trolleybus (für den mein Ticket nicht gültig war, was ich aber nicht wusste) zum Stotis, so dass ich schließlich (wenn auch deutlich später als geplant) doch noch an meinem Ziel ankam. Den Bus nach Kaunas zu finden war einfach, die Abkürzungen auf den Fahrplänen dort zu entziffern war nicht so leicht. Habe dann doch herausgefunden, dass "d.d." "darbo diena", also Arbeitstag heißt. Folglich fuhr der nächste Bus nicht, da ja Sonntag war und ich durfte anderthalb Stunden warten. Damit waren nun aber wirklich alle Startprobleme überstanden, denn ich traf einige andere Freiwillige am Bahnhof.
Zu acht ging es dann per Bus nach mitten ins Nichts (irgendwo tief im Wald). Haus gefunden, alle anderen schon da, konnte losgehen. Wir waren schließlich 16 Freiwillige: 5x Frankreich, 3x Deutschland, 2x Österreich, 2x Italien, 2x Holland, 1x Spanien und 1x Moldawien. Unsere zwei litauischen Seminarleiterinnen waren beide sehr freundlich und lustig, also: alles bestens!
Schließlich gab es das übliche Seminarprogramm: Spiele, Spiele, Spiele, ein bisschen Informationen, Spiele, Spiele, Spiele, Essen, Spiele, Spiele, Schlafen, Essen, Spiele, Spiele, etc. ;-) Wir haben uns also verkleidet, Theater gespielt, sind mit verbundenen Augen durch den Schnee spaziert, haben unsere Herkunftsländer präsentiert, Videos über Litauen angeschaut, getanzt, geturnt, wurden mit litauischen Spezialitäten (Cepelinai) gekostet, haben gesungen, getrunken, nächtliche Spaziergänge zum Friedhof unternommen (ok, das war kein Teil des offiziellen Programms) und vieles mehr.
Außerdem stand eine Exkursion nach Kaunas auf dem Programm: Wir bildeten Vierergruppen und machten die Stadt unsicher, mit dem Ziel, Litauer über ihr Land, über Europa und über Freiwillige auszufragen. War eine wirklich tolle Aktion! Ich war zusammen mit Kevin (Frankreich), Margaux (Frankreich) und Lucy (Holland) unterwegs und wir führten einige sehr interessante Gespräche, die wir dann später alle gemeinsam auswerteten. Das Überraschendste für mich war wohl, wie wenig viele Litauer über unsere Länder wussten. Bei Holland fiel den meisten nur Drogen ein, bei Frankreich kamen sie auf Eiffelturm und Paris, die Stadt der Liebe und von Deutschland kannten sie nur die Hauptstadt. Es war dennoch sehr aufschlussreich, denn wir haben erfahren, dass die Litauer ein kleines, fröhliches, patriotisches und traditionsbewusstes Volk sind und dass ihnen ihr eigenes Land doch wohl wichtiger ist als Europa.
Da wir noch so viel auf dem Seminar erlebt haben, kann ich hier gar nicht alles erzählen, jedenfalls waren wir innerhalb von vier Tagen zu einer echten Gemeinschaft geworden. Und da wir nicht alle in Vilnius stationiert sind, haben wir nun auch jede Menge Übernachtungsmöglichkeiten in anderen Städten: Panevezys, Jonava und Plunge.
Schließlich war das Seminar vorbei und wir machten uns alle wieder auf den Weg "nach Hause". Masha (Moldawien), Lars (Deutschland) und ich machten noch einen Ausflug nach Kaunas und danach ging es dann heim.
Vilnius / Europos Centras / Kernave / Trakai (8.-10. März 2008):
Das nächste Wochenende war sehr ereignisreich: Es begann mit einer Exkursion in Vilnius, die von meiner Aufnahmeorganisation organisiert wurde und an der sowohl EVS-Freiwillige (von meinem On-Arrival-Training: Masha, Lars, Matteo (Italien) und ich), sowie auch ERASMUS-Studenten teilnahmen. Wir trafen uns am berühmten Glockenturm vor der Kathedrale und spazierten durch die Altstadt am Präsidentenpalast und der Universität vorbei ins Künstlerviertel Uzupis. Von dort aus ging es dann durch den Kalnu Park auf den Berg der drei Kreuze, von wo aus man eine herrliche Aussicht über die Stadt hat. Den Abend verbrachten wir in unserer Stammkneipe, dem Uni-Pub "prie Universiteto", wo wir uns mit den "älteren" Freiwilligen (die seit September hier sind) trafen.
Der nächste Tag war ein echtes Hightlight: Masha, Lars und ich machten uns auf den Weg zu "Europos Centras", dem geographischen Zentrum Europas. Wir nahmen einen Bus aus der Stadt heraus bis zur letzten Haltestelle und landeten auf einer langen, einsamen Straße irgendwo im Nirgendwo. Von da aus waren es etwa drei Kilometer zum Skulpturenpark "Europos Parkas", die wir teilweise zu Fuß, teilweise per Anhalter zurücklegten. Der Park war schnell gefunden, die Frau am Eingang verstand Russisch und sogar etwas Englisch, konnte uns aber doch nicht dazu überreden, den Eintritt für den Park zu zahlen, denn wir wollten ja zu Europos Centras. Und das ist ein paar Kilometer weiter. Dachten wir zumindest… es waren mehr als ein paar.
Also spazierten wir durchs Nichts, fernab aller Zivilisation und passierten die namhafte Ortschaft Skirgiskes, wo die immer betrunkene Landbevölkerung zwar etwas Russisch verstand, die meisten Leute jedoch noch nie etwas von Europos Centras gehört hatten. Schließlich erreichten wir nach etwa zwei Stunden Wanderung durch "the middle of nowhere" die Haupstraße, wo es uns gelang, ein Auto mit einem leicht angetrunkenen und ein bisschen verrückten Fahrer anzuhalten, der uns bis zum seinem Haus mitnahm und dann wieder absetzte.
Wir waren bestimmt einige Kilometer gefahren und immer noch kein Europos Centras in Sicht. Das Beste: fünf Minuten später kam er wieder und hatte sich entschieden, uns zu unserem Ziel zu bringen! Für ihn war das Ganze wohl noch aufregender als für uns: Ein Mädchen aus Moldawien und zwei Jungs aus Deutschland suchen mitten im Nirgendwo irgendwo in Litauen nach dem Zentrum Europas.
Nach vielleicht zehn Kilometern weiterer Fahrt fanden wir es schließlich das geographische Zentrum Europas, markiert durch eine große Windrose auf dem Boden und eine Steinsäule mit Europasternen. Leider hatte die Touristeninformation geschlossen, so dass wir uns nicht das beliebte Zertifikat ausstellen lassen konnten. Doch wir machten jede Menge Beweisfotos (wir mussten versprechen, diese unserem anhänglichen Fahrer per E-Mail zuzuschicken, sonst wären wir ihn wohl nicht mehr losgeworden – er hätte Masha wohl am liebsten einfach mitgenommen). Die Rückfahrt war dann ganz gemütlich, zwei weitere Besucher nahmen uns mit nach Vinius direkt bis zu Akropolis (riesiges Einkaufszentrum), wo wir bei Pizza und Bier auf einen erfolgreichen Tag anstießen.
Der nächste war nicht weniger spannend: Dieselbe Dreiergruppe traf sich mittags in Vilnius und wir spazierten bei strahlendem Sonnenschein durch die wunderschönen Gassen der größten Altstadt Osteuropas und bestiegen den Gediminas-Hügel mit dem Gediminas-Turm, dem Wahrzeichen Litauens. Es ist wirklich etwas dran: Wer nicht auf dem Gediminas-Hügel gewesen ist, der hat Vilnius nicht gesehen. Danach nahmen wir einen Bus nach Kernave, der ersten Hauptstadt Litauens, deren einzigartige fünf Burghügel heute zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören. Kernave ist ein wunderschönes kleines Städtchen und der Ausblick von einem der Hügel auf das Neris-Tal ist wirklich atemberaubend (ja, ich versuche gerade, Euch alle zu überreden, Litauen zu besuchen!).
Wir haben dann tatsächlich jeden einzelnen Hügel bestiegen und uns dann nach einem gemütlichen Picknick auf den Rückweg gemacht. Natürlich nicht per Bus, sondern per Hitch-Hiking! Also spazierten wir los, vorbei an Kermusiskes, und es dauerte gar nicht mal so lange, bis ein Auto anhielt. Der Fahrer wollte allerdings nicht nach Vilnius, sondern nach Trakai. Also fuhren wir nach Trakai! Dies war die zweite Hauptstadt Litauens, wo auch Großfürst Gediminas residierte, bis er Vilnius gründete. Heute ist es natürlich für DIE Sehenswürdigkeit Litauens bekannt: die einzigartige gotische Wasserburg Trakai. Da es allerdings schon bald dunkel wurde, hatten wir außer für ein paar Fotosessions nicht mehr viel Zeit, so konnten wir nur die Burg von Außen sehen und werden daher gewiss noch einmal nach Trakai gehen.
Panevezys / Kaunas / Jonava (15.-17. März 2008):
Am nächsten Wochenende veranstalteten "unsere" (vom On-Arrival) Mädels in Panevezys (die fünftgrößte Stadt Litauens) eine Party. Da der Rest der Vilnius-Fraktion entweder krank oder pleite war oder einfach keine Lust hatte, fuhr ich allein per Bus dahin und traf Karoline (Österreich), Elsa, Lise, Anouck (alle Frankreich), Jerom/Jurung/Jerone/???? – ich kann mir einfach nicht merken, wie man diesen Namen schreibt ;-) (Holland) von unserem Seminar sowie einige andere Freiwillige aus Panevezys und Kaunas und Kevin (Frankreich) und Francesco (Italien), die aus dem wunderschönen Plunge angereist waren. Super Party, viel Spaß, Musik, Alkohol, braucht man nicht mehr zu sagen.
Francesco, Kevin und ich übernachteten dann auch dort und am nächsten Tag machten wir mit unseren Mädels eine Radtour durch die Stadt. Sechs Leute, vier Fahrräder, Spaß war vorprogrammiert! Wir sahen das schöne Flüsschen Nevezys und alles, was es sonst dort zu sehen gibt (nicht viel mehr). Am Abend ging es dann wieder heim. Den nächsten Tag nutzte ich, um Kaunas unsicher zu machen und mir alle Sehenswürdigkeiten vorzunehmen, die mir bis dahin entgangen waren (unter anderem Kaunas Castle – sollte man gesehen haben!). Nach vielen Kilometern und nachdem ich nun wirklich alles gesehen hatte, traf ich mich dann mit Masha und wir fuhren zu ihr nach Jonava, wo sie mir ihre Arbeit (Kindergarten) und Wohnung zeigte. Mit Tee und Pasta (DAS Volunteers-Essen) ließen wir dann ein weiteres ereignisreiches Wochenende ausklingen.
Panevezys / Plunge (Ostern – 22.-25. März 2008):
Für das Osterwochenende organisierten wir eine etwas größere Tour. Am Samstagnachmittag machten Lars und ich uns auf nach Kaunas, wo wir Masha trafen und bei einem weiteren Freiwilligen aus Deutschland zu Mittag essen konnten. Danach ging es nach Panevezys. Wir wählten die Route über Jonava und Ukmerge und es lief wirklich gut an diesem Tag. In Jonava stiegen wir aus dem Auto aus, warteten etwa eine Minute und schon hielt der nächste Fahrer an. Dieser wollte eigentlich nur nach Ukmerge, da er uns jedoch als so sympathische Passagiere empfand, er gerade Zeit hatte und seine Firma das Benzin für das Auto zahlte, entschied er sich dazu, uns nach Panevezys zu fahren. Er setzte uns direkt vor Anoucks Haustür ab.
Den ersten Teil des Abends verbrachten wir dann mit Fotosessions in Anoucks Küche, später gingen wir noch Billard spielen. Den Ostersonntag feierten wir mit Eiersuchen und –boxen, dann hieß es für Masha, Lars und mich: weiter – nach Plunge! Für jeden, der es noch nicht weiß: Das traumhaft schöne Plunge ist das Paradies auf Erden, irgendwo in wilder Natur, nicht weit von der litauischen Ostseeküste sowie der lettischen Grenze angesiedelt, ist es die neue Heimat von Francesco und Kevin, denen die große Ehre zuteil wurde, hier wohnen und arbeiten zu dürfen. Wir sollten die ersten Besucher sein! Wir fuhren also per Hitch-Hiking von Panevezys nach Siaulai und von Siaulai nach Plunge. Leider wollten unsere Fahrer nach Palanga und setzten uns daher nur an der Abzweigung ab, was zur Folge hatte, dass wir bei Minusgraden (Ostersonntag!) etwa drei Kilometer durch die menschenleere Gegend marschieren mussten, bis es uns schließlich gelang, die Kirche zu finden, wo wir schon von unseren Gastgebern erwartet wurden.
Nachdem wir in Kevins und Francescos Wohnung dann wieder aufgetaut waren, wurde es noch ein ganz netter Abend (mit deutschem Fernsehprogramm). Wir wurden unter anderem in den "Secret Room" eingeführt, von wo wir uns am nächsten Tag auch "Ausrüstung" für einen Spaziergang durch das herrliche Plunge holten: Mit allerlei komischen Hüten auf dem Kopf machten wir dann die Gegend unsicher. Ich kann es nicht oft genug sagen: kommt nach Plunge! Es ist einfach wunderschön. Wir blieben dann noch eine weitere Nacht im Paradies, am nächsten Morgen musste ich dann aber abfahren, weil ich am Easter-Event im SOS-Kindergarten teilnehmen sollte. Ich nahm also den Zug von Plunge nach Vilnius und war pünktlich da, um mein Können im Eierboxen und –rollen zu beweisen. Lars und Masha hatten den Tag noch frei, daher konnten die beiden sich die Zeit nehmen, um auch den Rückweg per Hitch-Hiking zurückzulegen.
Litauen vs. Aserbaidschan (26. März 2008):
Am Tag darauf stand ein ganz besonderes Highlight an: Lars hatte Karten für das topklassige Fußballspiel Litauen-Aserbaidschan besorgt und so kam es, das die drei Deutschen Freiwilligen von unserem Seminar (Regina, Lars und ich) den wahrscheinlich kältesten Abend des Jahres bei gefühlten minus 20 Grad Celsius im Stadion verbrachten. Vor Beginn kauften wir uns erst einmal alle einen Litauen-Schal, dann konnte es los gehen. Das Spiel selbst war, wie zu erwarten war, nicht gerade das Beste vom Besten, dennoch hatten wir eine Menge Spaß. Direkt hinter uns stand der Aserbaidschanische Fanblock, welcher durchwegs für gute Stimmung sorgte. Nach dem Spiel waren wir zwar halb erfroren, aber glücklich, bei diesem einmaligen Event dabei gewesen zu sein. Litauen gewann 1:0.
Mein 20. Geburtstag (28.-30. März 2008):
Am Freitag stand dann, wie jedes Jahr gegen Ende März, mein Geburtstag an. Nun aber zum ersten Mal in Litauen. Meine Kinder überraschten mich schon am Abend vorher mit Geburtstagskuchen, -karte und -ständchen. Am Vormittag musste ich nur für zwei Stunden arbeiten, am Nachmittag hatte ich dann Sprachkurs. Ich habe einmal pro Woche Unterricht bei meiner Projektkoordinatorin. Dieses Mal war das dritte Mal, davon das erste Mal bei ihr daheim (vorher war es im Büro). Auch hier gab es Geschenke und Kuchen und der Unterricht an diesem Tag bestand hauptsächlich aus dem Kosten verschiedener Litauischer Spezialitäten. Am Abend traf ich mich dann mit Regina (Deutschland), Daniela (Österreich), Margaux (Frankreich) und Lars (Deutschland), um Masha (Moldawien), Francesco (Italien) und Kevin (Frankreich) am Bahnhof abzuholen.
Die drei waren zu meiner Geburtstagsparty, die am nächsten Abend stattfinden sollte, schon einen Tag vorher angereist. Nach reichlichem Alkoholeinkauf im größten Maxima (der litauische Aldi) in Vilnius (der einzige Supermarkt im ganzen Land, der jeden Tag 24 Stunden geöffnet hat), fanden wir uns dann alle in Margauxs Wohnung ein. Es kamen dann auch noch etliche andere Freiwillige und alle zusammen gingen wir dann später in unsere Stammkneipe "prie Universiteto", wo wir noch bis morgens um vier feierten. Mit dem letzten Nachtbus ging es dann heim zu mir. Masha, Francesco und Lars übernachteten in meiner Wohnung (ich hab ja genug Platz). Nach zweieinhalb Stunden "Arbeit" (Fußball spielen) am nächsten Morgen traf ich mich dann mit Regina, um die große Party vorzubereiten.
Da ich in meiner Wohnung leider keine Partys organisieren darf, fand die Party also bei ihr statt. Am Abend war dann auch wirklich volles Haus: Alle "unsere" Freiwilligen in Vilnius kamen, dazu noch Masha aus Jonava, Francesco und Kevin aus Plunge, sowie Karoline und Annika aus Panevezys. Lars brachte auch noch seine "Local Friend" und eine Freundin von ihr mit, so dass wir auch Litauer auf der Party hatten. Es war echt super, war meine erste große Geburtstagsparty seit einigen Jahren und ein guter Ersatz, da ich meinen 18. damals nicht gefeiert habe (gab ja genug andere Partys). Gegen Mitternacht gingen wir dann noch in die Stadt (wohin genau kann man sich ja denken: "prie Universiteto"), wo wir noch bis zum Morgen durchfeierten (was wegen der Zeitumstellung ja auch nicht so schwer war).
Jonava (6.-7. März 2008):
Am nächsten Wochenende wollten Masha, Lars und ich nach Riga fahren. Da ich im Gegensatz zu den Beiden jedoch am Samstag arbeiten musste, hatten wir so geplant, dass sie schon am Freitag per Hitch-Hiking nach Panevezys fahren, am Samstag dann weiter nach Riga und dass ich dann am Samstagabend per Bus nachkomme. Tja, und das kommt dabei heraus, wenn man Masha und Lars alleine losziehen lässt: Die beiden fuhren also nach Panevezys, in der Annahme, dass sie dort leicht eine Übernachtungsmöglichkeit fänden, weil wir dort ja einige Freiwillige kennen. Nun hatten sie aber niemanden im Voraus kontaktiert und konnten schließlich in Panevezys auch niemanden erreichen. Also fuhren sie gleich am Freitagabend nach Riga und kamen nachts um ein Uhr dort an. Ohne Übernachtungsmöglichkeit.
Nach dreißig Stunden ohne Schlaf wollten sie dann nur noch heim und kamen am Samstagnachmittag zurück. Tja, beim nächsten Mal übernehme ich wieder die Organisation! Immerhin hab ich dann beide gleich mal ins Bett geschickt und zum Ausschlafen bis zum nächsten Morgen verdonnert. Hat auch geklappt, wir konnten dann also am Sonntag tatsächlich wieder etwas unternehmen.
Wir entschieden uns für Rumsiskes, kamen allerdings erst recht spät los, waren also mittags um zwölf an der Autobahnauffahrt. Und eins haben wir gemerkt: niemals Sonntag mittags um zwölf Hitch-Hiken! Neben uns waren noch etwa zehn weitere Hitch-Hiker an der Straße, so dass wir schließlich zwei Stunden warteten. Danach war es dann zu spät, um noch nach Rumsiskes zu gehen und da das Wetter eh nicht so toll war, fuhren wir einfach nach Kaunas, speisten in Pizza Hut und fuhren dann zu Masha nach Jonava, um dort auch zu übernachten. Also keine große Action, aber doch noch ein ganz nettes Wochenende.
Arbeit:
Ja, ich arbeite auch! Ich organisiere Freizeitaktivitäten für die Kinder hier im Dorf. Ich spiele Fußball, Basketball, zeichne, tanze und gebe Nachhilfe in Englisch. Im Dorf leben etwa 50 Kinder in elf Familien. Englischunterricht mache ich immer nur mit einem oder zwei Jugendlichen gleichzeitig, beim Sport oder bei anderen Aktivtaten ist es meist eine Gruppe von drei bis zehn Kindern und Jugendlichen. Die Kinder und Jugendlichen, mit denen ich arbeite, sind etwa zwischen zehn und 17 Jahren alt. Da die Kinder vormittags in die Schule gehen, arbeite ich immer nachmittags und/oder abends, im Durchschnitt zwei bis drei Stunden pro Tag, manchmal sind es auch fünf, dafür ist es an anderen Tagen dann wieder weniger.
Wohnen:
Ich habe eine eigene Wohnung direkt im Kinderdorf mit einem großen Wohnzimmer (mit Fernseher), einer Küche, einem Bad und drei Schlafräumen. Im Moment wohne ich noch allein, in zwei Wochen soll allerdings ein weiterer Freiwilliger auf Portugal kommen, der auch hier im Dorf arbeiten soll und dann wohl mit mir in der Wohnung wohnen wird. Wäsche waschen kann ich einmal pro Woche in der Wäscherei im Kinderdorf, Mittagessen bekomme ich hier im Kindergarten von Montag bis Freitag jeweils um 12 Uhr. Mit Frühstück und Abendessen muss ich mich selbst versorgen, dafür bekomme ich dann Geld.
Schlussbemerkungen:
So, das war mein erster Bericht. Ich bedanke mich bei jedem, der ihn gelesen hat. Wenn Ihr Kommentare oder Fragen habt, nur zu. Ich denke, in ein paar Wochen folgt dann der zweite Teil. Bis dahin,
viso gero,
Philipp