Húsvét.
Ostern auf Ungarisch. Vom Eier bemalen mit Wachstechnik, Gedichten aufsagen und nassen Frauen.
Frohe Ostern hieß es dieses Wochenende natürlich auch in Ungarn. Für die Ungarn ist Ostern eines der wichtigsten Feste im Jahr, teilweise sogar wichtiger als Weihnachten. Es ist ein Fest der Familie, den man daheim verbringt. Manche Züge vor Ostern waren komplett ausgebucht.
Der Karfreitag, hier Nagy Péntek (großer Freitag) genannt, ist, wie in Deutschland auch, ein traditionell fleischfreier Tag, jedoch kein offizieller Feiertag. Somit erfreute ich mich in der Mensa an einer riesigen Auswahl vegetarischer Gerichte.
Húsvét, das ungarische Wort für Ostern, bedeutet übersetzt nämlich so was wie „Fleisch verstoßen“. Damit wird vor allem auf die endende Fastenzeit angespielt. An Ostern wird dann traditionell meist Lamm aufgetischt. Die Bauern züchten ihre Lämmer gezielt so, dass sie an Ostern im besten Alter sind. Ansonsten sind bunte Ostereier, Schinken und Hefezopf ein fester Bestandteil des Ostermahls. Natürlich kann man auch Schoki-Osterhasen und -eier in jedem Supermarkt finden.
Die Ostereier werden traditionell von den Mädchen und Frauen am Sonntagabend bemalt, damit sie am Ostermontag in schönster Pracht erstrahlen.
Dafür werden die Eier gekocht und danach lässt man sie abkühlen. Anschließend nimmt man heißes Kerzenwachs und malt entweder von einer Vorlage oder einfach frei Schnauze Muster, Bilder und Ostergrüße auf das Ei. Dafür werden spezielle Federn verwendet oder einfach ein Stück Bierdose zu einer kleinen Tüte gerollt und mit Draht an einem Holzstab befestigt. Die Muster variieren von Region zu Region und haben auch meistens eine Bedeutung. So gibt es zum Beispiel ein Zeichen für den Widder, die Ewigkeit oder die Fruchtbarkeit.
Anschließend legt man die Eier in eine Flüssigkeit ein, für die man Zwiebelblätter in Wasser gibt und aufkocht. Das Ei färbt sich dann rot – je länger es darin liegt, desto intensiver wird das Rot. Alternativ kann man die Eier auch in ein Wasser-Kurkuma-Gemisch geben für eine gelbe Farbe.
Nachdem die Eier lange genug im gefärbten Wasser lagen, nimmt man sie wieder raus und entfernt das Wachs. Die mit Wachs bemalten Stellen sind jetzt noch eierfarben, während das restliche Ei in schönem Rot erstrahlt. Das Rot soll Blut, Leben und Liebe symbolisieren und den Frühling einläuten.
Der größte Unterschied zwischen dem Ostern, wie wir es kennen und der ungarischen Variante ist wahrscheinlich das Begießen von Frauen und Mädchen.
Dazu gehen die Männer von Haus zu Haus und sagen Gedichte auf. Diese Enden meistens mit der Frage, ob man die Frau oder (im übertragenen Sinne) Blume gießen darf. Sagt die Frau ja, was meistens der Fall ist, wird sie mit Wasser oder Parfüm bespritzt. Früher wurden sie noch eimerweise mit Wasser überschüttet und in einigen Dörfern in Ungarn wird Ostern weiterhin traditionell gefeiert. Heutzutage messen sich die Mädchen auch daran, wer am furchtbarsten riecht. Denn der schlimmste Geruch deutet auf die meisten verschiedenen Parfüme hin, was die Begehrtheit des Mädchens beweist.
Als Antwort und Dank auf das Begießen bekommen die Herren dann ein bisschen Geld, die zuvor bemalten Ostereier, Essen und/oder Schnäpse. Dann ziehen sie weiter und das Spiel geht von vorne los. Das Begießen hat den ursprünglichen Gedanken, die Jugend der Mädchen und Frauen zu verlängern und das „Verwelken“ hinauszuzögern oder gar zu verhindern.
Hier ein Beispiel für ein solches Gedicht:
„Zöld erdöben jártam. Ich ging im grünen Wald
Kék ibolyát láttam. Und sah ein blaues Veilchen
Elakart hervadni. Es wollte verwelken
Szabad-e locsolni? Darf man es gießen?“