Lieben und Reisen - Reisen und lieben - Die geheimnisvolle Kraft der Liebe...
Die 21-jährige Eva beschreibt die Zeit ihres EFDs als eine Zeit des Neubeginns, der unerwarteten und wunderschönen Momente. Sie merkt, dass es für all dies nur einen Grund geben kann: die Liebe.
Wenn man nicht einfach weiterleben will, wie bisher, sondern den Wunsch nach Veränderung hat,
Wenn man wissen will, wie man Grenzen überschreiten kann, ohne sich selbst aufzugeben
Wenn man das Bedürfnis hat, Neues kennenzulernen, zu erleben, zu begreifen...
dann gelangt man an die seltsamsten, Orte, mit den seltsamsten Leuten und Gegebenheiten.
Doch es dauert nicht lange, bis man erkennt, dass es die schönsten Orte, mit ganz besonderen Leuten und wunderbaren Gegebenheiten sind, denn man hat sich verliebt...
Mich führten Wunsch, Wissensdurst und Bedürfnis in den hohen Norden, nach Finnland, in das Land der tausend Seen, welches ebensoviel Wald besitzt und eine verschwindend geringe Anzahl an
Menschen beherbergt, die ein erstaunlich gutes Schulsystem entwickelt haben.
Diese wenigen Fakten waren eigentlich auch schon alles, was ich über das zwischen Schweden und Russland eingepferchte Land, wusste.
Ich hatte gerade die Schule abgeschlossen und war noch nicht bereit, die neu gewonnene Freiheit für ein Studium aufzugeben. Mit magischer Anziehungskraft rief der Norden nach mir, ohne dass ich diese Kraft näher begründen, noch mich ihr widersetzen konnte und so folgte ich dem Ruf voller überschwenglicher Vorfreude, Neugierde und Hoffnung.
An einem regengrauen Freitag, dem letzten Tag im Monat August, nahm die Sache ihren Lauf. Die Reise begann:
Ich brach zum Flughafen auf und zum ersten Mal in meinem Leben sollte ich Deutschland ganz alleine verlassen und das für 11 volle Monate. So machte ich meine erste sonderbare Erfahrung schon vor der Ankunft im neuen Land: Ich empfand eine mir bisher unbekannte Trauer über das, was ich nun zurücklassen würde, das was bisher mein Leben war.
Sobald ich dann jedoch neuen Boden, neues Land unter den Füßen hatte, war alles so aufregend und spannend, dass trübe Gedanken keinen Platz mehr fanden.
Aber dennoch, auch wenn die Ankunft reibungslos war und ich sogar vom Sonnenschein begrüßt wurde, kann ich nicht sagen, dass es Liebe auf den ersten Blick war, sondern eher eine, die sich erst entwickeln musste.
Im fremden Land erwartete mich eine tolle Arbeistätte, die bald zu meiner neuen Heimat werden sollte...
Meine Arbeit war nicht so sehr Arbeit im üblichen Sinne, sondern vielmehr ein gemeinschaftliches Leben mit geistig behinderten Kindern.
Organisiert war das Leben, wie in einer rießigen Familie, bestehend aus so vielen interessanten Menschen aus aller Welt, die sich der Anthroposophie verschrieben hatten und seitdem das Camphill "Sylvia Koti" mit ihrem Leben füllen, indem sie vor allem geistig behinderte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in ihrer Entwicklung fördern und mit ihnen leben. Es gab eine Schule, eine Weberei, eine Holz- u. Gartenwerkstatt, eine Küchenwerkstatt, einen Pferdestall und einen kleinen Laden. Diese Orte gaben auf der einen Seite den Betreuten Möglichkeiten, geistige und handwerkliche Fähigkeiten zu entwickeln und trugen auf der anderen Seite dazu bei, dass ein eigenes kleines Dorf entstanden war, eingebettet in ein ein kleines Wäldchen.
Diese idyllische Umgebung war das eine, aber ebenso erwartete mich eine der schwersten Sprachen der Welt, auf die ich in der Kommunikation mit den Kindern angwiesen war und eine Kultur, die so verrückt sein kann, so unverständlich und die Menschen so zurückhaltend.
Am Anfang verging die Zeit durch die vielen neuen Eindrücke und Erlebnisse sehr sehr schnell und so nahm ich so manche Entwicklung nur am Rande wahr. Und dann plötzlich wird es dunkler und immer dunkler, dunkler und immer dunkler, in dem Land der Polarnächte.
Man sieht sich mit Abgründen des Landes und dann auch mit den eigenen Abgründen konfrontiert und plötzlich erkennt man, warum die Selbstmordrate in diesem Land so hoch
ist...
Und wenn man sich dann fragt, warum es einen ausgerechnet in den Norden verschlagen und man der Sonne entsagt hat, dann wird einem klar, dass die Liebe schuld ist, die das verbindet, was verbunden gehört im Auftrag eines größeren Planes. Denn:
Liebe, das ist der Glaube an sich selbst, mit dem gleichzeitigen Blick auf etwas anderes, Größeres.
Liebe, das ist die Verantwortung für sich selbst und damit auch für andere.
Liebe, das ist das größte Geschenk an sich selbst und für alles Leben, welches daran teilhaben darf.
Nimmt man nun den Plan an, dann lässt man sich auf eine Verwandlung ein, die nur der Liebe möglich ist und die sich ausdrückt in der veränderten Art, wie man Dinge anschaut, wie man Menschen begegnet und wie man zu sich selbst steht. Dieses kleine Wunder der Liebe lässt einen dann verstehen und tiefer blicken. Man entwickelt Verständnis für eine andersartige Kultur und somit für andere Verhaltensweisen, Sprachen, Menschen. Und man fühlt mit einem finnischen Herz, welches weiß, warum es Sauna gibt, warum das Handy so wichtig ist, warum das Herz beim Besitz eines Marimekkostoffes oder Ittalatopfes höher schlägt und warum Kinder so gerne aus einer Mumintasse trinken und Mumingeschichten zum einschlafen brauchen.
Und es ist eine Verbindung entstanden, welche nicht einfach aufhört nach 11 Monaten Freiwilligendienst, sondern eine, die ewig ist, weil das Land Teil der eigenen Geschichte geworden ist und weil man nun, über sein eigenes Land, in welches man hineingeboren wurde, noch ein weiteres lieben gelernt hat.