Die weiteren Tage und die Arbeit
Meine Arbeit gefällt mir bis jetzt sehr gut und auch sonst geht es mir sehr gut, besonders seit ein paar Stunden, weil wir jetzt endlich Internet in unserer Wohnung haben ;)
Hallo!
Und wieder einmal schreibe ich einen Artikel, ohne Internet zu haben. Heute ist der 11.9. und jetzt ist es gerade nach deutscher Zeit 15:38 Uhr, und nach estnischer Zeit 16:38 Uhr. Ich sitze gerade auf dem Sofa, neben mir sitzt Ana und liest ein Buch auf ihrem PC. Da wir in unserer Wohnung immer noch kein Internet haben, müssen wir uns ja irgendwie anders beschäftigen. Morgen kommt jedoch ein Mitarbeiter von einer Internetfirma, der bei uns das Internet installiert. Wenn alles gut läuft, haben wir dann ab morgen Abend Internet. Ich schätze, wir werden alle nichts anderes machen als skypen, auf Facebook gehen und mit unserer Familie und Freunden skypen. Bis jetzt haben wir jeden Abend zusammengesessen und gequatscht, aber ab morgen wird sich das mit Sicherheit ändern.
Am Sonntagnachmittag um drei haben Ana und ich uns mit ihrer Mentorin Livia getroffen, weil wir den Weg zu unserer Arbeit wissen mussten. Rein theoretisch müssen wir uns einfach in den Bus Nummer 33 setzen und können bis zur Arbeitsstelle durchfahren, aber das mussten wir ja auch erst einmal in Erfahrung bringen. Die Busstation ist hier ganz in der Nähe, zwischen fünf und zehn Minuten zu Fuß. Bis Kadaka fährt man ca. 30 Minuten, bis Pihlaka rund 50, in der Rush Hour natürlich mehr.
Bis jetzt wissen wir noch nicht so genau, wer wo arbeitet. Diese Woche nutzen wir, um beide Center kennenzulernen und uns dann zu entscheiden. Unsere Tutoren (das sind die Leute, die uns in der Arbeitsstelle helfen, uns dort einzuleben) haben sich überlegt, dass Ana besser zu Kadaka gehen sollte und ich zu Pihlaka. Kadaka ist eigentlich nur der Straßenname und das Center ist das Development Center. Dort leben ca. 20 Behinderte. Pihlaka ist ebenfalls nur der Straßenname und das Center ist das 24 Hour Care Center. Dort kommen jeden Morgen ca. 40 – 50 Behinderte, bekommen Unterricht in Musik, Kunst, Keramik, Estnisch und manche sogar in Englisch. Am Abend fahren alle wieder nach Hause. Kadaka ist definitiv das schwierigere Center, weil die Bewohner stärker behindert sind als die in Pihlaka. Ana hat eine Krankenschwesterausbildung und ist deswegen wahrscheinlich besser geeignet für Kadaka, weil man sich wirklich persönlich um die Klienten kümmern muss. Pihlaka soll besser für mich sein, weil ich an Musik interessiert bin und dort mehr Möglichkeiten habe, Musik einzusetzen. Bis jetzt haben wir nur in Kadaka gearbeitet und morgen gehen wir zu Pihlaka. Am Freitag werden wir sehen, wer wohin geht.
Am Sonntag jedoch waren wir erst in einem großen Einkaufszentrum, wo wir Internet hatten. Und dann sind wir bestimmt zwei Stunden nur mit dem Bus gefahren und waren um sieben Uhr abends zu Hause.
Am Montag wurden wir um acht von der Pihlaka-Tutorin abgeholt und zu Kadaka gebracht. Mit ein paar Klienten von Kadaka sind wir dann mit dem Bus zu Pihlaka gefahren und mit ganz vielen Klienten von Pihlaka in den Wald gegangen. Dort wurden Ana und ich vorgestellt und haben sowohl Mitarbeiter als auch Klienten kennengelernt. Ein paar Klienten sind echt ziemlich lustig.
Um zwei hatten wir dann schon frei.
Abends haben wir uns mit Nikolai, meinem Mentor, seiner Frau, Anas Mentorin Livia, Giorgios, ein Freiwilliger aus Griechenland und Miguel, ein Freiwilliger aus Spanien getroffen. Nikolai hat dann bei der Internetfirma angerufen und das mit dem Internet abgeklärt.
Am Dienstagmorgen haben wir uns mit allen Freiwilligen aus Tallinn getroffen, um zum Migrationsbüro zu gehen und unsere estnischen Personalausweise zu beantragen. Wenn wir die haben, sind die öffentlichen Verkehrsmittel nämlich kostenlos. Bis jetzt zahlen wir ja von unserem Geld jeweils 1,10 Euro pro Stunde/Fahrt.
Die Freiwilligen, die in der Wohnung an der Straße Vilde Tee wohnen, hatten keine Probleme. Wir von Randla mussten jedoch unsere Pässe vorzeigen und uns fehlte eine Unterschrift von der Eigentümerin der Wohnung. Allerdings wurde aus welchem Grund auch immer nicht Randla als unsere Adresse angegeben, sondern Tehnika. Wir mussten natürlich Stillschweigen darüber bewahren und so tun, als würden wir in Tehnika wohnen. Wir wussten noch nicht einmal die Hausnummer....
Wir von Randla mussten uns dann also darum kümmern, die Unterschrift von Kai zu bekommen. Kai ist die Organisatorin.
Danach sind wir noch ein bisschen durch die Stadt gelaufen und dann sind wir zur Arbeit gefahren. Ana und ich hatten natürlich keine Ahnung, welcher Bus von der Innenstadt zur Arbeit fährt. Nach langem Suchen, Durchfragen und einiger Verspätung haben wir es dann aber geschafft.
Bei der Arbeit haben wir in einer Kunststunde assistiert und haben den Klienten beim Ausmalen von Bildern geholfen. Man kann sich das so vorstellen: man zeigt ihnen, welchen Stift sie nehmen sollen und wo sie etwas ausmalen sollen. Alleine können die das nicht gut. Die Klientin, die ich betreut hab, hat mich später an die Hand genommen, mit zu ihrem Zimmer genommen und mir all ihre bisher gemalten Bilder gezeigt. Das estnische Wort für „gut“ ist „tubli“, was ich an diesem Nachmittag sehr häufig gesagt habe. :) Die Kadaka-Tutorin hat mir gesagt, dass die Klientin längst nicht jedem vertraut. Mir hat es also sehr gut dort gefallen.
Um vier oder fünf hatten wir dann schon wieder frei und sind noch einkaufen gegangen. In unserer WG haben wir es so organisiert, dass jeder seine eigenen Sachen einkauft und jeder für sich selbst kocht. Ich war erst skeptisch, aber jetzt finde ich es sehr praktisch. Mir kann keiner mehr etwas wegessen. ;)
Da wir ja gestern so Probleme hatten beim Amt, sind wir heute Nachmittag wieder hingegangen. Danach haben wir noch ein bisschen die wunderschöne mittelalterliche Altstadt besichtigt. Ich habe ganz viele Fotos gemacht, die ich wahrscheinlich mal posten werde.
Heute Morgen waren Ana und ich mit den Klienten von Kadaka und Pihlaka hier am Strand, ganz in der Nähe unserer Wohnung. Die Klienten haben nämlich in den letzten Tagen Drachen gebastelt, die sie hier haben „steigen“ lassen. Es hat nämlich überhaupt nicht funktioniert, weil kaum Wind da war. Aber nun gut, die Behinderten hatten sehr viel Spaß dabei.
Meine Aufgabe war es unter anderem, auf jemanden aufzupassen, der sehr oft wegläuft. Als wir später am Strand waren und ich ihm geholfen habe, den Drachen steigen zu lassen, war er so glücklich und hatte so viel Spaß, dass er gar nicht über Weglaufen nachgedacht hat. Er hat zu einer Mitarbeiterin gesagt, dass sich die Drachen unterhalten, wenn sie am Himmel sind. Das fand ich total süß, denn er muss ja schon etwas schlauer sein, wenn er weglaufen kann, aber trotzdem denkt er, es gibt Magie auf der Welt. Viele Behinderte sind wie Kinder.
Ein anderer kommt immer wieder zu Ana und zählt bis zehn auf Englisch, sagt Farben auf Englisch und heute hat er sogar die Wochentage auf Englisch gesagt. Er hat das im Englischunterricht gelernt und ist so stolz darauf, dass er das kann. Obwohl er ständig irgendwelche Zahlen vergisst... :) Aber das ist total süß.
Noch ein anderer Klient ist sehr anstrengend. Er geht ständig zu irgendwelchen Frauen und will sie auf die Wange oder auf die Hand küssen. Er versteht nicht, dass man das nicht machen darf. Seitdem er das im Unterricht gelernt hat, ist es schon besser geworden, aber er wird wohl nie damit aufhören. Die Kadaka-Tutorin sagte zu mir, dass ich seine „Princess“ bin, denn er kommt ständig zu mir. Er hat heute sogar Herzen in den Sand gemalt. Wenn er so etwas macht oder einen umarmen will, muss man ihm deutlich die Handfläche zeigen, als würde man Stop sagen, und „ei“, das estnische Wort für „nein“, sagen. Dann hört er auf. Aber nach fünf Minuten kommt er wieder an...
An sich macht mir die Arbeit aber total Spaß. Die Behinderten sind so schnell glücklich zu machen. Die eine war total happy, weil sie mit mir gemeinsam Schmetterlingsbilder ausgemalt hat. Ein anderer hatte so viel Spaß dabei, die Drachen steigen zu lassen, obwohl er so langsam gerannt ist, dass der Drachen nicht höher kam als er selber. Aber trotzdem haben sie so viel Spaß dabei und das finde ich toll!
Vergibt mir sämtliche Grammatik und Sinnfehler. Ich habe hier keine Lust, so sehr darauf zu achten oder den Text noch einmal Korrektur zu lesen :)